Comdex: Open Source aus Finnland, Folge 2

Den bislang größten Beifall aller Comdex-Keynotes erzielte Nokia-Chef Jorma Ollila - nicht nur wegen seiner Worte zu den Terror-Attacken vom 11. September.

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Von
  • Detlef Borchers

Den bislang größten Beifall aller Comdex-Keynotes erzielte Nokia-Chef Jorma Ollila gleich zu Beginn seiner Präsentation. Da er als erster (und einziger) Europäer zur Präsentation geladen war, drückte er Amerika im Namen von ganz Europa sein Mitgefühl aus: "Wir alle sind Teil einer mobilen Welt, die so locker und unverbindlich erscheint, doch im Innern durch Werte zusammengehalten wird, für die Amerika steht", erklärte Ollila. Wer immer die Sätze für den Teleprompter formuliert hatte, traf den Nerv des Publikums.

In seiner Keynote stellte Ollila ausführlich den Nokia Communicator 9290 und das Nokia 6360 vor, beides Geräte, die jetzt erst auf dem US-Markt erscheinen. Auch Ollila war schwer begeistert, ein neues Kürzel auf das Publikum loszulassen: OMA, die Open Mobile Architecture Initiative, klingt vielleicht im Deutschen etwas komisch und betulich, ist aber durchaus fortschrittlich angelegt. Gemeinsam mit AT&T Wireless, Cingular, MM02, NTT DoCoMo, Telefonica Moviles, Vodafone, Fujitsu, Matsushita, Mitsubishi, Motorola, NEC, Samsung, Sharp, Siemens, Sony Ericsson, Toshiba und Symbian will OMA dafür sorgen, dass unter all diesen Herstellern und Anbietern ein neues Ökosystem entsteht, das verbindliche Standards bei neuen Mobiltelefonen festschreibt. Zu den Standards, die jedes mobiles Gerät beherrschen muss, zählen WAP 2.0, XHTML, MMS (Multimedia Messaging Service), SyncML, Java und das Betriebssytem Symbian. Letzteres freilich nur dann, wenn die betreffende Firma "keine anderen Präferenzen entwickelt hat", hieß es später umständlich auf der Pressekonferenz. Firmen wie Sendo, die sich für Microsofts Betriebssystem entschieden haben, sollen trotzdem mit dabei sein können: OMA verzeiht alles.

In bester finnischer Tradition unterstrich Ollila die Allianz-Ankündigung mit der Mitteilung, dass Nokia seine Entwicklungswerkzeuge für die intern "CS 60" genannte Plattform als Open Source allen Beteiligten zur Verfügung stellen will. In der anschließenden Pressekonferenz zur Keynote versuchten Mitarbeiter, den ungestümen Vorstoß ihres Chefs zu relativieren: Nokia öffnet sich und gibt den kompletten Source-Code frei, will aber Lizenzgebühren für jedes Entwicklungskit und obendrein ein Aufschlag für das intellektuelle Eigentum in Form von "anerkannten Patenten". Welche Patente konkret wirksam und zahlbar sind, wurde nicht gesagt.

Ollila, der sich in früheren Interviews an den Vater von Linus Torvalds erinnern konnte, einen stramm marxistischen Journalisten, war mit dem definitorischen Gerangel um den Begriff "Open Source" auf der Pressekonferenz sichtlich unzufrieden, So wurde klar, dass Open Source ein modisch schicker Begriff ist, den viele besetzen wollen. Ein wichtiges Moment ist dabei die Stellung gegen Microsoft, das ebenfalls den Bereich der mobilen "Web-Terminals" erobern möchte. Dagegen ist die Nennung von Open Source ein Signal, das Einwände und Bedenken übertönt. (Detlef Borchers) / (jk)