Computex: Trends, Tops und Flops

Schon am Anfang setzten AMD und VIA zentrale Impulse, auch wenn VIA mit dem Joshua-Cyrix-III eine Schlappe einstecken musste. Neue Geschäftsfelder wie PDAs und Server versuchen die taiwanischen Hersteller zudem zu erobern.

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Von
  • Georg Schnurer

Fünf Tage lang traf sich alles, was in der Computerbranche Rang und Namen hat, auf der Computex in Taipei, Taiwan. Die drittgrößte Computermesse der Welt war wieder einmal ein Kaleidoskop dessen, was derzeit in der Branche los ist. Schon am ersten Tag setzten AMD und VIA zentrale Impulse: AMD wählte nicht ohne Grund Taiwan als das Land, in dem die neue Version des Athlon-Prozessors mit integriertem L2-Cache weltweit zuerst vorgestellt wurde. Hier, so betonte Hector Ruiz, Präsident und CEO von AMD, seien schließlich die meisten Firmen ansässig, mit denen man partnerschaftlich den Markt entwickle.

Einer der wichtigsten Partner von AMD, die Chipsatzschmiede VIA, setzte ebenfalls bereits am ersten Messetag wichtige Akzente. Auf einem halbtägigen und gut besuchten Seminar pries man zusammen mit andern wie etwa Hyundai, Infinion, Micron und Samsung die Vorteile des neuen PC266-Speicherstandards an. Double Data Rate SDRAM, so verkündete man unisono, sei die Speichertechnologie der Zukunft. Das von Intel favorisierte Rambus-Interface, so lautete das Credo der Veranstaltung, sei zwar gut für zukünftige High-End-Systeme geeignet, biete aber in Anbetracht seines enormen Preises keine angemessene Performance.

Dass die Botschaft bei den Boardherstellern angekommen ist, konnte man auf dem inzwischen auf drei Veranstaltungsorte ausgedehnten Messegelände deutlich sehen. Beinahe jeder Produzent von Motherboards schmückte seinen Stand mit PC266-Fahnen und versicherte auf Nachfrage, baldmöglichst auch geeignete Boards zu präsentieren. Bei der DDR-Offensive steht VIA allerdings nicht allein da: Auch AMD und ALi haben entsprechende Chipsätze in der Entwicklung.

Dafür, dass VIA angesichts des großen Zuspruchs nicht allzu euphorisch wird, sorgte der taiwanische Hersteller selbst. Zum einen geisterten Berichte über echte oder vermeintliche Probleme beim aktuellen Athlon-Chipsatz KT133 über die Messe. Zum anderen musste sich VIA von der Totgeburt Cyrix III mit Joshua-Kern trennen. Damit die bereits angelaufene Werbekampagne für den neuen Low-Cost-Chip im Sockel-370-Format nicht ganz umsonst war, behielt man den Namen kurzerhand bei und taufte eine neue CPU mit dem aus dem IDT-Entwicklungsteam stammenden Samuel-Kern jetzt Cyrix III. Dieser "Cyrix"-Prozessor ist allerdings 100-prozentig Cyrix-frei. Zudem entspricht die Prozessorklassifizierung jetzt der echten MHz-Zahl, mit der die CPU arbeitet. Das verwirrende P-Rating ist damit also immerhin vom Tisch.

Der Samuel-Kern lässt sich dank seiner geringen Größe sehr gut mit höheren Frequenzen betreiben und verspricht zudem, günstiger in der Herstellung zu sein. Allerdings gibt es hier zwei Pferdefüße: Der Floating-Point-Einheit der neuen CPU ist alles andere als schnell, zudem muss der Samuel vorerst wohl ohne Level-2-Cache auskommen, hat allerdings immerhin 128 KByte Level-1-Cache. Für den anvisierten Einsatzbereich in Low-Cost-PCs und in Internet Appliances dürfte das aber eine untergeordnete Rolle spielen. Wichtiger ist da schon, wie teuer, oder besser billig VIA den Cyrix III nun tatsächlich anbietet.

A propos Internet-Apliances: Was sich bereits auf der letzten Computex andeutete, zeigte sich in diesem Jahr überdeutlich. Der klassische PC wird immer öfter durch auf die jeweilige Anwendung zurechtgestutzte Einzelgeräte ersetzt. Im Home-Bereich sind das vor allen aufgebohrte DVD-Player, die nicht nur das Heimkino mit bewegten Bildern und 3D-Sound versorgen, sondern auch noch einen Zugang ins Internet bieten. Entsprechende Geräte hatte fast jeder Hersteller im Programm, egal ob er nun FIC, Mitac oder Acer hieß.

Gut vertreten waren auch Hersteller, die es Palm (ehemals zu 3Com gehörig) gleichtun, und ihr Geld mit kleinen handlichen PDAs verdienen wollen. Neben Geräten mit umschaltbarem Display-Format (Portrait/Landscape) fanden wir diverse Modelle mit mehr oder weniger zukunftssicherer Funkanbindung. Da Bluetooth noch auf sich warten lässt, versuchen sich die Anbieter hier an diversen Funkvarianten, ohne dabei müde zu werden zu betonen, dass die kommende Geräteversion selbstverständlich mit Bluetooth arbeiten werde.

Ein weiterer Trend dieser Computex dürfte vor allem die klassischen Server-Hersteller wie Compaq, HP, IBM und Sun beunruhigen: Immer mehr taiwanische Board- und Systemanbieter stürzen sich ins Servergeschäft. Mit kleinen Geräten im 19-Zoll-Format, die im Rack lediglich eine Höheneinheit benötigen sollen, will man vor allem mit den immer zahlreicheren Internet-Service-Providern (ISP) ins Geschäft kommen. Einfach zu konfigurierende Geräte mit attraktiven Preisen sollen Kunden von den etablierten Herstellern fortlocken. Ob das Konzept aufgeht, bleibt abzuwarten. Schließlich sind kleine, kompakte und dennoch zuverlässig und schnell arbeitende Server eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Neulinge im Geschäft.

Der lange erwartete Durchbruch bei den Flachbildschirmen kam auch auf dieser Computex nicht. Nach wie vor sind LCD-Panels sündhaft teuer und längst nicht in ausreichender Stückzahl verfügbar. Daran dürfte sich wohl erst etwas ändern, wenn die neu errichteten Fabriken der taiwanischen Hersteller endlich ansehnliche Stückzahlen auswerfen. Bis dahin, so hörten wir immer wieder, werde es aber noch einige Monate dauern. Optimistische LCD-Monitor-Produzenten erwarten zum Weihnachtsgeschäft eine spürbare Erhöhung der Stückzahlen für verfügbare Panels und damit auch den lang ersehnten Preisrutsch – andere rechnen erst im nächsten Jahr damit.

Nun, und nichts neues von Intel auf der Computex? Dieser Eindruck drängte sich fast auf. Die einzigen Neuheiten waren diverse Solano-Boards und Kühlkörper für den zum Jahreswechsel erwarteten Willamette-Prozessor. Zwar versuchte der Gewohnheitsmonopolist bei Prozessoren am Eröffnungstag mit einem Technical Briefung zum Solano-Chipsatz (i815) auf sich aufmerksam zu machen, doch ob dies angesichts der vielen kleinen und große Probleme rund um den teuren i820-Chipsatz gelingen konnte, darf mit Fug und Recht bezweifelt werden. Den größten Zuspruch bei den Besuchern der Computex fanden ohnehin die drachengeschmückten Intel-Handkarren, auf denen angeheuerte Schüler Wasserflaschen verteilten. Diese wurden dankbar angenommen – und so konnte Intel doch noch einigen Leuten zumindest das Wasser reichen. (gs/ct) (jk)