Corona: Gesundheitsminister Spahn verspricht Gratis-Schnelltests für alle Bürger

Ab März an soll jeder Bundesbürger einen kostenlose Corona-Antigen-Schnelltests beanspruchen können, wenn es nach Gesundheitsminister Jens Spahn geht.

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(Bild: Uwe Anspach / dpa)

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Bundesgesundheitsminister Jens Spahn will im Kampf gegen das neuartige Coronavirus die nationale Teststrategie erweitern. Vom 1. März an "sollen alle Bürger kostenlos von geschultem Personal mit Antigen-Schnelltests getestet werden können", erklärte der CDU-Politiker am Dienstag auf Twitter. Derlei Nachweise von speziellen charakteristischen Proteinen von Sars-Cov-2 seien mittlerweile ausreichend am Markt verfügbar.

"Die Kommunen können ihre Testzentren oder Apotheken mit solchen Angeboten beauftragen", erläuterte Spahn. Auch Laien-Selbsttests sollten nach ihrer "bald erwarteten Zulassung" durch das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) für alle 83 Millionen Bundesbürger zugänglich sein. Das Bundesgesundheitsministerium (BMG) verhandle dazu mit Herstellern, um Kontingente für den deutschen Markt zu sichern. Diese Testmöglichkeiten "können zu einem sicheren Alltag beitragen", gerade auch in Schulen und Kitas, meint Spahn.

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) prüft laut Frankfurter Allgemeiner Sonntagszeitung derzeit Anträge für bis zu 30 verschiedene Schnelltests, mit denen sich auch medizinische Laien per Gurgeln oder Spucken binnen einer Viertelstunde selbst testen könnten. Das BfArM geht davon aus, erste Zulassungen spätestens Anfang März zu erteilen.

Zu Details wie der Anzahl der Gratis-Test pro Monat, den zu erwartenden Kosten für den Bundeshaushalt oder möglichen Vergünstigungen für negativ Getestete äußerte sich das BMG auf Anfrage von heise online bisher nicht. Berichten zufolge soll die hierzulande kostenlosen Antigen-Tests von medizinisch geschultem Personal begleitet werden müssen und per Nasenabstrich erfolgen. Spuck- oder Gurgeltests sollen gegen einen Eigenanteil von einem Euro abgegeben werden.

Am Freitag hatte sich Spahn noch verhalten geäußert, da es auf die Qualität der Tests ankomme. Wenn diese viele falsch negative Ergebnisse lieferten, "dann steckt darin auch ein Risiko". Infizierte Menschen könnten in der Annahme, das Virus nicht in sich zu tragen, andere anstecken. Die CDU hatte sich bisher dafür eingesetzt, dass nur Tests mit CE-Kennzeichnung zum Einsatz kommen sollen.

Prinzipiell hat Spahn bereits die Abgabeverordnung für Medizinprodukte so geändert, dass Selbsttests zulässig sind. Die SPD-Bundestagsfraktion hatte am Wochenende ein "rasches Konzept" für die Nutzung von Selbsttests gefordert, solange nicht ausreichend Impfstoff verfügbar sei. Der Gesundheitsminister habe es lange versäumt, eine breit angelegte Teststrategie aufzulegen.

Spahns Vorhaben folgt auf ein vergleichbares der österreichischen Regierung. Diese hatte am Montag angekündigt, dass für jeden der knapp neun Millionen Einwohner des Landes monatlich bis zu fünf Selbsttests etwa aus der Apotheke kostenfrei geben könnte. Sie sind allein für die Eigenkontrolle gedacht.

Nach Ansicht von Wissenschaftlern könnten zuverlässige Schnelltests für den Hausgebrauch eine wichtige Rolle bei der Rückkehr zu einem "normalen Alltag" spielen. Mediziner, Virologen, Mathematiker, Politologen und Ökonomen veröffentlichten jüngst einen Aufruf für eine Eliminierungsstrategie im Sinne des "No-Covid"-Konzepts, die auf drei Säulen aufbaut: Impfungen, grünen Zonen sowie Strategien und Technologien für Tests und zur Nachverfolgung von Kontakten mit Infizierten.

Schnelltests schlagen besonders gut an, wenn eine hohe Virenlast besteht. Personen, die stark ansteckend sind, können damit rasch gut erkannt werden. Infizierte mit geringer Virenlast werden aber möglicherweise nicht entdeckt. Aufwändigere und teurere Tests mithilfe der Polymerase-Kettenreaktion (PCR), für die ein Mund- oder Nasenabstrich durchgeführt wird, sind die zuverlässigere Alternative.

Ärzte empfehlen, bei Testangeboten auf den Beipackzettel zu achten, um die Sensitivität und die Dauer des genauen Nachweises sowie die Spezifität kennenzulernen. Letztere besagt, ob auch tatsächlich das gemessen wird, was belegt werden soll.

Schnelltests beruhen meist auf der Detektion von Antigenen oder Antikörpern. Die vom Immunsystem gebildeten spezifischen Eiweiße (Immunglobuline) heften sich am Virus beziehungsweise einem seiner Antigene an. Größtes Handicap bei Antiköpertests: Sie schlagen erst spät im Verlauf einer Infektion an, wenn bereits genügend Antigene im Blut gebildet sind. Das ist üblicherweise einige Tage nach dem Auftreten von Symptomen der Fall. Nach etwa sieben bis zehn Tagen erreicht die Antikörperkonzentration ihren Maximalwert, da ist ein solcher Test am empfindlichsten.

(anw)