Corona-Krise hat voll auf Luftfahrt-Zulieferbranche durchgeschlagen

Wenn es bei Airbus in Hamburg nicht gut läuft, kann das für die Zulieferer existenzbedrohend werden. Eine Krise wie die aktuelle hatte niemand auf dem Zettel.

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Corona-Krise hat voll auf Luftfahrt-Zulieferbranche durchgeschlagen

(Bild: Wolfram Schroll/Airbus)

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  • dpa
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Die coronabedingte Krise der Luftfahrt hat inzwischen voll auf die Zulieferkette durchgeschlagen und wird dort aus Expertensicht noch große Opfer fordern. In diesem Jahr "rechnen wir im Schnitt mit einem Umsatzrückgang von gut 40 Prozent gegenüber dem Vorjahr – und dieses unter der Berücksichtigung, dass das erste Quartal noch sehr gut lief", sagte der Geschäftsführer des Branchenverbands Hanse-Aerospace, Sebastian Corth, der Deutschen Presse-Agentur.

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Besonders hart habe es die Personal- und Ingenieursdienstleister getroffen, deren Geschäft teils fast vollständig eingebrochen sei. "Alle Unternehmen werden diese Durststrecke natürlich nicht durchhalten können", sagte Corth.

Ähnlich bedrohlich sieht der Verein Hamburg Aviation die Lage in der Metropolregion Hamburg als weltweit drittgrößtem Standort der zivilen Luftfahrtindustrie – nach Seattle mit Boeing und Toulouse mit Airbus. "Nach wie vor haben wir am Standort Hamburg die Situation, dass die Produktion bei Airbus aufgrund der wirtschaftlichen Auswirkungen der Covid-Pandemie um etwa 40 Prozent unter Plan für 2020 liegt und auch auf absehbare Zeit so bleibt", sagte Sprecher Lukas Kaestner. Das wirke sich unmittelbar auf die Zulieferkette aus, in der bis zuletzt noch Personal aufgebaut worden sei, etwa um die Steigerungen bei der A320-Familie mitgehen zu können.

Vor Ausbruch der Corona-Pandemie ging es der Luft- und Raumfahrtindustrie in Hamburg noch richtig gut. Mehr als 41.000 Menschen arbeiteten bei Airbus, der Lufthansa Technik und am Flughafen sowie einem Netz von rund 300 Zulieferbetrieben. Sie erwirtschafteten einen jährlichen Umsatz von mehr als fünf Milliarden Euro. Einer Befragung von Betriebsräten im Auftrag der IG Metall zufolge stieg die Zahl der erfassten Beschäftigten zwischen 2017 und 2019 im Norden um mehr als elf Prozent. Der durchschnittliche Auslastungsgrad bis 2021 wurde damals mit 90 Prozent angegeben, jedes zweite Unternehmen meldete Probleme bei der Suche nach Mitarbeitern.

Doch dann kam die Corona-Pandemie und die Luftfahrt erlebte einen beispiellosen Absturz. Allein Airbus kĂĽndigte an, weltweit 15.000 der rund 90.000 Jobs in der Verkehrsflugzeugsparte zu streichen, rund 3000 davon in Norddeutschland. Laut einer bundesweiten Studie der h&z Unternehmensberatung AG zusammen mit dem Bundesverband der Deutschen Luft- und Raumfahrtindustrie von April sind knapp zwei Drittel (63 Prozent) der zivilen Zulieferer direkt und unmittelbar von der Pandemie betroffen. Der ĂĽberwiegende Teil (89 Prozent) der Betriebe rechne mit weitreichenden, teils sogar existenzbedrohenden Folgen.

Für die Region Hamburg habe sich die Situation seit April nicht maßgeblich verändert, sagte Kaestner. Für die Zuliefererbranche sei entscheidend, dass nun das Kurzarbeitergeld verlängert und eine unbürokratische Kreditvergabe etabliert werde. "Hier hat es in den vergangenen Monaten noch spürbar "geknirscht"", sagte Kaestner. Corth, Geschäftsführer des größten deutschen Verbands von klein- und mittelständischen Unternehmen der Luft- und Raumfahrtindustrie, beklagte: "Von den Maßnahmen der Politik kommt leider nur wenig beim Mittelstand an." Während die Überbrückungshilfsmaßnahmen von jedem hätten beantragt werden können, kämen die großen Pakete, die sich maßgeblich auf Forschungs- und Entwicklungsprojekte bezögen, eher den Großen der Branche zugute.

Er betonte, es sei für die Metropolregion Hamburg extrem wichtig, das Know-how nicht durch Personalabwanderung zu verlieren. Das sieht auch der Bezirksleiter der IG Metall Küste, Daniel Friedrich, so. Er setzt zur Sicherung der Beschäftigung und Standorte auf Kurzarbeit und die Vier-Tage-Woche. "Beim Blick nach vorn darf die Ausbildung nicht vergessen werden", mahnte er. Die Ausbildungsquote in der Luft- und Raumfahrtindustrie sei mit 3,6 Prozent schon im vergangenen Jahr gemessen an anderen Branchen zu niedrig gewesen. Das dürfe nicht noch weniger werden. Für Kaestner sind Investitionen in Forschung und Entwicklung entscheidend, etwa zur zivilen Nutzung von Drohnen oder zu emissionsfreiem Fliegen. Denn: "Ein Zurück zu dem Status, den wir vor 2020 hatten, wird es für die Luftfahrt nicht mehr geben."

(mho)