Coronavirus: Mit Big Data die Pandemie in Schach halten

Seite 2: Abstimmung mit Bundesdatenschutzbehörde

Inhaltsverzeichnis

Hierzulande liefert die Deutsche Telekom über ihre Tochter MotionLogic seit 17. März regelmäßig Statistiken auf Grundlage anonymisierter Mobilfunkdaten an das Robert-Koch-Institut (RKI). Sie sollen es der obersten Bundesbehörde für Infektionskrankheiten erleichtern, die Ausbreitung von Sars-Cov-2 zu bewerten. Der Umfang der Pakete beträgt je rund 5 Gigabyte.

Das Zahlenmaterial basiert auf Signalisierungsdaten von Mobilfunkmasten der Telekom, umfasst also etwa den Zeitpunkt des Aufbaus einer Verbindung und den zugehörigen Sendemast. Das Verfahren, mit dem die Daten nach Angaben des Konzerns in Echtzeit zusammengestellt und anonymisiert werden, ist mit der Bundesdatenschutzbehörde abgestimmt. Die Telekom will MotionLogic zwar demnächst dichtmachen, sucht aber nach anderen Wegen, um das RKI weiter mit vergleichbaren Datensätzen zu versorgen.

Auf den Zug ist auch Telefónica Deutschland aufgesprungen. Am Mittwoch erklärte der Netzbetreiber, zusammen mit seinen Partnern Teralytics und Senozon das RKI "auf Basis anonymisierter und aggregierter Mobilfunkdaten" mit Analysen zu versorgen. Das Material lasse "keinerlei Rückschlüsse auf konkrete Personen zu", betonte der Konzern. Man gebe "keine Rohdaten oder anonymisierte Einzeldatensätze weiter".

Infektionsketten ließen sich nicht über solche Handydaten nachvollziehen, da diese "schon rein technisch keine präzise Ortung zulassen", erläutert das Unternehmen. "Basis für das Bereitstellen dieser Informationen ist die Datenanonymisierungsplattform DAP, die wir in enger Zusammenarbeit mit dem Bundesdatenschutzbeauftragten entwickelt haben", berichtet Pia von Houwald, Leiterin der Sparte digitale Unternehmensdienste bei Telefónica Deutschland. Auf dieser Grundlage habe die Firma bereits langjährige Erfahrung "im Generieren anonymisierter Mobilitätsdaten", um Lösungen für Bereiche wie Mobilität, Städte und Einzelhandel zu entwickeln.

Eine Anfrage von heise online vom Donnerstag, ob das RKI derzeit noch von anderen Firmen "Datenspenden" oder aufbereitete Statistiken erhält und wie es diese nutzt, beantwortete die Behörde bislang nicht. Der Telefónica-Partner Teralytics gibt an, sich mit dem RKI zusammengetan zu haben. Im Schnitt sanken die Bewegungen in Deutschland laut einer Karte, die auf Zahlen der Schweizer Firma beruht, um knapp 40 Prozent seit Mitte März. Inzwischen stagnieren die Werte oft, steigen zum Wochenende hin sogar teils wieder an.

Vodafone hält sich hierzulande bei der Informationsweitergabe zurück, während der Konzern auf europäischer Ebene einem einschlägigen Ruf der EU-Kommission gefolgt ist. "Wenn wir von der Bundesregierung um Unterstützung gebeten werden, würde das RKI anonymisierte Bewegungsdaten bekommen, bei denen keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Personen möglich ist", ließ ein Sprecher des Düsseldorfer Netzbetreibers heise online wissen. "Bislang sind diese aber nicht angefordert worden."

Prioritär behandelt die Firma momentan den zweiten auf Mobilfunkdaten beruhenden Ansatz zum Handy-Tracking, um Infektionsketten verfolgen und die Bevölkerung schützen zu können. Vodafone arbeitet gemeinsam mit einem Team von rund 130 Mitarbeitern aus 17 Instituten, Organisationen und Firmen in Europa am Konzept PEPP-PT (Pan European Privacy Protecting Proximity Tracing), das die Basis für eine datenschutzfreundliche Tracking-App bilden soll. Damit möglichst viele die Technologie künftig freiwillig nutzen können, testet und konfiguriert der Konzern alle gängigen Smartphone-Typen. Dies soll sicherstellen, dass die Mobiltelefone die Abstandsmessung über die – allerdings leicht angreifbare – Bluetooth-Sensorik durchführen können.

Die Europäische Weltraumorganisation ESA ersucht derweil interessierte Forscher um Ideen, mit denen sich Daten aus der laufenden Satellitenmission Copernicus Sentinel-5P fürs Ausleuchten der Corona-Krise erschließen lassen. Die Erdtrabanten lieferten bereits Schlüsselinformationen über die nachlassende Konzentration von umweltschädlichen Stoffen wie Stickstoffdioxid in der Atmosphäre in den vergangenen Tagen. Es gebe aber noch viel Potenzial, um mit den Daten aus dem Weltraum etwa durch Künstliche Intelligenz den aktuellen gesellschaftlichen und ökonomischen Wandel in einem anderen Licht zu sehen.

Zugleich hat die Behörde zusammen mit der EU-Kommission den Start eines Programmierwettbewerbs angekündigt. Experten etwa für Maschinenlernen sind hier gefragt auf der Suche nach Strategien, mit denen die Satellitendaten der schwächelnden Wirtschaft auf die Beine helfen können.