Cyberangriff auf EU-Parlament nach russlandkritischer Abstimmung

Nach Verurteilung Russlands hat ein DDoS-Angriff die Website des EU-Parlaments zeitweise gestört. Dessen Präsidentin Metsola zeigt mit dem Finger auf den Kreml.

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Rechenzentrum im roten Nebel neben Weltkarte

(Bild: PabloLagarto/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Frank Schräer
  • mit Material der dpa

Eine kremlnahe Hackergruppe hat sich nach Angaben von EU-Parlamentspräsidentin Roberta Metsola zu einem Cyberangriff auf die Internetseite des Europaparlaments bekannt. "Unsere IT-Experten setzen sich dagegen zur Wehr und schützen unsere Systeme", schrieb sie am Mittwoch auf Twitter. Zudem betonte sie, dass das Parlament kurz vorher Russland als staatlichen Unterstützer von Terrorismus bezeichnet habe.

Wegen zahlreicher Zugriffe war die Website des Parlaments am Mittwoch nur eingeschränkt nutzbar, wie Parlamentssprecher Jaume Duch zuvor ebenfalls bei Twitter mitgeteilt hatte. Die Website wurde demnach "von außen durch ein hohes Maß an externem Netzwerkverkehr beeinträchtigt". Es handele sich um eine DDoS-Attacke. Dabei überrollen Angreifer die Server ihrer Opfer mit einer Flut von Datenanfragen, um diese lahmzulegen oder den Betrieb zu beeinträchtigen.

Zwar spricht Metsola von einem "raffinierten Cyberangriff", aber DDoS-Attacken sind vielmehr primitiv und einfach umzusetzen. Es handelt sich eher um eine symbolische Geste ohne nennenswerte Auswirkungen auf die reale Welt, wie Jürgen Schmidt, Senior Fellow Security bei Heise, erklärt. Zudem haben DDoS-Angriffe nicht das Ziel, Daten abzugreifen.

Im Telegramkanal "We Are Killnet" (Wir sind Killnet) wurde am frühen Nachmittag ein Screenshot geteilt, das nahelegt, dass die Gruppe für die Attacke verantwortlich sein könnte. Unabhängig bestätigt wurde dies zunächst nicht. Die russische Hackergruppe "Killnet" ist schon öfter im Zusammenhang mit Angriffen auf westliche Behörden in Verbindung gebracht worden, etwa Ende Juni dieses Jahres mit DDoS-Angriffen auf Litauen.

Ob die Cyberattacke in direktem Zusammenhang mit der jüngsten Resolution des EU-Parlaments steht, ist unbestätigt. Am Mittwoch hat das Gremium mit großer Mehrheit geurteilt, dass Russland als "dem Terrorismus Vorschub leistender Staat" eingestuft wird. Diese Entscheidung hat laut FAZ keine Rechtsfolgen, weil es in der Europäischen Union bisher nur eine Terrorliste für einzelne Personen, Gruppen und Einrichtungen gibt, nicht jedoch für Staaten.

Linke-Ko-Chef Martin Schirdewan sieht die Resolution kritisch, betont aber: "Darauf offensichtlich mit einer großangelegten, kriminellen Cyberattacke zu antworten, wirft ein klares Licht auf das Demokratieverständnis der Angreifenden". Der Grünen-Abgeordnete Rasmus Andresen bezeichnete die Attacke als Warnschuss. "Es ist ein Angriff auf das demokratische Herz Europas." Es werde nicht das letzte Mal gewesen sein, dass man Opfer von solchen Angriffen werde. "Wir sind nicht ausreichend vorbereitet auf solche Attacken", so der Europapolitiker.

Die Fraktion der Liberalen schrieb auf Twitterkanal Renew Europe, der Cyberangriff zeige Russlands Verachtung fĂĽr die Demokratie. "Putins Hacker werden uns nicht zum Schweigen bringen oder unsere Arbeit behindern."

(fds)