DSL-Turbo Vectoring: Wettbewerber befürchten Verschlimmbesserung

Die Bundesnetzagentur hat ihren Vorschlag für die Vectoring-Regulierung auf Druck aus Brüssel angepasst und den beteiligten Unternehmen erneut vorgelegt. Die befürchten nun eine "erhebliche Verschlechterung" der Situation.

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VDSL-Verteilerkasten der Telekom

Der Zugang zum Netz der Telekom ist umkämpft.

(Bild: heise online)

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Vectoring im Nahbereich der Telekom-Hauptverteiler bleibt ein Zankapfel: Wettbewerber der Telekom kritisieren auch den geänderten Regulierungsentwurf, den die Bundesnetzagentur Ende Juni vorgelegt hatte. Die darin vorgeschlagenen Änderungen "dürften in vielen Fällen sogar zu einer weiteren erheblichen Verschlechterung der Situation führen", warnen die Geschäftsführer der Branchenverbände Breko, Buglas und VATM in einer Mitteilung vom Dienstag. Sie erwarten, dass die EU-Kommission auch den geänderten Entwurf genauer unter die Lupe nehmen wird.

Die Bundesnetzagentur will der Telekom erlauben, die Vectoring-Technik auch in den Nahbereichen der knapp 8000 Hauptverteiler einzusetzen. Beim Vectoring bleibt anderen Anbietern der Zugriff auf die Teilnehmeranschlussleitungen (TAL) in dem Bereich verwehrt. Die EU-Kommission hatte befürchtet, dass diese technisch bedingte Bündelung dem Regulierungsziel des freien Zugangs zur letzten Meile entgegensteht und eine genauere Prüfung eingeleitet. Auch der politische Beirat der Bundesnetzagentur hatte leise Kritik an dem Entwurf geäußert, den die Behörde schließlich überraschend zurückzog.

Vectoring: der VDSL-Beschleuniger

Kaum ein Netzthema wird so kontrovers diskutiert wie das Vectoring: Mit der neuen Technik lassen sich bis zu 100 Mbit/s aus einem VDSL-Anschluss kitzeln - kein Wunder, dass die Telekom das anbieten möchte. Die Konkurrenz befürchtet aber eine Re-Monopolisierung des Markts, da Vectoring einen exklusiven Zugriff auf die letzte Meile erfordert. Kritiker befürchten zudem weitere Verzögerungen beim zukunftsträchtigen Glasfaserausbau.

Mit einem neuen Entwurf wollte die Behörde die Punkte angehen, die der EU-Kommission ein Dorn im Auge waren. So wurde die Bemessungsgrundlage, unter welchen Bedingungen auch die Wettbewerber die Vectoring-Technik im Nahbereich einsetzen können, geändert. Auch der besonders umstrittene Stichtag für die Bemessung der Ausbaubedingungen wurde geändert und soll jetzt der 20. Juni 2016 sein. Wie viele Hauptverteiler damit nun tatsächlich der Telekom-Konkurrenz für Vectoring offenstehen, ist dabei aber weiter unklar.

Den neuen Entwurf wollte die Bundesnetzagentur zunächst wieder direkt in Brüssel vorlegen, dreht nach scharfen Protesten der Wettbewerber jetzt aber doch noch eine Feedback-Schleife mit den deutschen Branchenvertretern. Die zeigen sich nach der Lektüre des neuen Entwurfs nun ernüchtert. "Auch mit dem zweiten Entscheidungsentwurf erhalten die Investoren nicht die von der Bundesnetzagentur versprochene Planungssicherheit", kritisieren die Verbands-Chefs. Die Bedenken des europäischen Regulierergremiums (Berec) seien "in keiner Weise ausgeräumt worden" und die "Kritik von Bundeskartellamt und Monopolkommission nahezu unberücksichtigt geblieben".

Die Wettbewerber fürchten, dass aufgrund der neuen Voraussetzungen für den Vectoring-Ausbau weniger Hauptverteilern für den Vectoring-Ausbau durch Telekom-Wettbewerber in Frage kommen. Zwar hat die Bundesnetzagentur den geforderten Erschließungsgrad der Kabelverzweiger am Hauptverteilers im neuen Entwurf von 50 auf 40 Prozent gesenkt, doch müssen interessierte Wettbewerber nun auch ein Drittel Kabelverzweiger mehr erschlossen haben als der Ex-Monopolist. Auch der Beirat der Bundesnetzagentur soll in dieser Sache noch mal nachgefragt haben.

Außer einer Regulierung, "die einseitig auf die Erreichung kurzfristiger Ziele fokussiert" ist, sehen die Wettbewerber auch Gefahr "durch politische Maßnahmen wie die kürzlich vorgenommene Änderung der Förderrichtlinie". Vectoring solle nun auch beim Ausbau von Gewerbegebieten Vorrang bekommen, obwohl Unternehmen eher Glasfaseranschlüsse bräuchten und es grünes Licht für eine Ausbauförderung gegeben habe. Hier sehen die Verbände Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) am Zug. (vbr)