DVD-Hack: Einstweilige Verfügung abgeschmettert

Die DVD Copy Control Association ist beim Versuch gescheitert, knapp 600 Websites per Einstweiliger Verfügung zu schließen.

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Von
  • Gerald Himmelein

Bei der gestrigen Gerichtsanhörung in Santa Clara, Kalifornien, musste die DVD Copy Control Association (CCA) eine empfindliche Schlappe einstecken: Bis auf weiteres dürfen die Informationen zur Entschlüsselung von DVD-Videos im Web verbreitet werden.

Vor zwei Tagen hatte eine New Yorker Anwaltskanzlei etwa 70 Website-Betreibern weltweit per E-Mail eine Klageschrift zugeschickt. Nach dieser handelt es sich bei der DVD-Verschlüsselung um ein Geschäftsgeheimnis der DVD CCA. Um der Verletzung dieses Geschäftsgeheimnisses zu unterbinden, forderten die Anwälte der CCA eine Einstweilige Verfügung gegen alle Websites, die Informationen zur DVD-Entschlüsselung bereitstellen. Unter den Adressaten des Schreibens befanden sich mindestens zwei Betroffene aus Deutschland; insgesamt nennt die Anklageschrift 600 Beklagte und knapp 100 URLs.

Kurzfristig nahm sich die Electronic Frontier Foundation (EFF) der Sache an und entsandte Rechtsanwälte nach Santa Clara, ungeachtet der Ankündigung der Kläger, der Gerichtstermin werde ohne Anhörung der Gegenseite stattfinden. Auf einen Aufruf im Web hin saßen über 50 Linux-Enthusiasten und einer der Angeklagten im Gerichtssaal. Der mutmaßliche Plan der Kläger, die Einstweilige Verfügung zwischen den Feiertagen ohne großen Aufhebens durch das Gericht zu schleusen, scheiterte vermutlich nicht zuletzt daran. Einige Besucher hatten den DVD-Entschlüsselungscode auf Papier und Disketten mitgebracht und verteilten das Material unter den Anwesenden. Nach Anhörung beider Seiten verkündete der Richter am Nachmittag, er werde dem Antrag nicht stattgeben und setzte die Hauptverhandlung für den 14. Januar 2000 an.

Die Anklageschrift der CCA-Anwälte bewegte einige betroffene Website-Betreiber dazu, die entsprechenden Seiten zu löschen. Andere Webmaster nahmen hingegen die Klage zum Anlass, neue Mirror-Sites mit den beanstandeten Inhalten ins Web zu stellen -- insgesamt dürfte infolge der CCA-Klage die Zahl der Websites, die Informationen zur DVD-Verschlüsselungsmethodik bereitstellen, eher gewachsen sein als geschrumpft.

Nach Meinung eines Betroffenen handelt es sich bei der Klage um einen Versuch, "die Katze wieder in den Sack zu stopfen" -- ein Einschüchterungsmanöver mit zweifelhaften Erfolgsaussichten. (ghi)