Datenschützer gegen Ausweitung der Volkszählung

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat die Forderung des Bundesrates zur Verwendung von Zensusdaten zur Korrektur der Melderegister entschieden als verfassungswidrig zurückgewiesen.

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Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat das erneute Drängen der Länder zur Verwendung von Zensusdaten zur Korrektur der Melderegister entschieden als verfassungswidrig zurückgewiesen. "Die Bundesregierung hat die vom Bundesrat bereits im Mai diesen Jahres bei der Einbringung des Gesetzentwurfs geforderte Möglichkeit der Einzelfallüberprüfung von Meldedaten nach der Zusammenführung mit Daten aus anderen Verwaltungsregistern zu Recht abgelehnt", erklärte Schaar am heutigen Dienstag.

Eine derartiger Check einzelner Anschriften würde gegen das vom Bundesverfassungsgericht im Volkszählungsurteil von 1983 aufgestellte strikte Gebot der Trennung von Statistik und Verwaltung verstoßen. Karlsruhe habe diese Prinzip für unabdingbar gehalten, um den Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung bei statistischen Erhebungen zu gewährleisten. Nur wenn der Einzelne darauf vertrauen könne, dass die über ihn zu statistischen Zwecken erhobenen Informationen nicht auch für Verwaltungszwecke genutzt werden, bleibe die Verarbeitung seiner Daten für ihn überschaubar.

Das Trennungsgebot hat laut Schaar auch für die vom Parlament im Grundzug abgesegnete registergestützte Volkszählung und für den im Zensusvorbereitungsgesetz geregelten Aufbau eines Anschriften- und Gebäuderegisters Gültigkeit. Zwar würden hier Informationen nicht direkt beim Betroffenen gesammelt. "Aber es werden personenbezogene Daten, die zunächst für ganz andere Verwaltungszwecke erhoben worden waren, zu Zwecken der Volkszählung zusammengeführt", erläutert der Datenschützer. "Auch hierbei muss das Recht des Bürgers auf Überschaubarkeit der Datenverwendung geschützt werden." Es dürfe nicht zu einem Hin- und Rückfluss von Einzeldaten aus den Behörden in die Statistik und zurück kommen. Datenübermittlungen aus dem statistischen Bereich dürften also nicht zu einzelnen Verwaltungsmaßnahmen führen.

Der Bund will die von Brüssel vorgesehene gemeinschaftsweite Volks- und Wohnungszählung im Jahr 2011 hauptsächlich durch eine Auswertung von Melderegistern, Daten der Bundesanstalt für Arbeit sowie Dateien zum Personalbestand der öffentlichen Hand bewerkstelligen. Vorgesehen ist zur Ergänzung eine direkte Informationserhebung bei Gebäude- und Wohnungseigentümern sowie eine Stichprobenerhebung zur Sicherung der Datenqualität und zur Erfassung weiterer zensustypischer Erhebungsmerkmale wie der Erwerbstätigkeit oder des Bildungsgrades bei etwa sieben Millionen Bürgern. Abgerundet werden soll die rechnergestützte Volkszählung durch eine Befragung der rund 17,5 Millionen Verwalter oder Bewohner von Gemeinschaftsunterkünften.

Werden bei der Datenzusammenführung im statistischen Bereich Unstimmigkeiten festgestellt, sollen die Meldebehörden nach Mitteilung von Adressbereichen mit Angaben über Unklarheiten durch die Statistischen Landesämter die in den Melderegistern vorhandenen Daten nochmals zum Abgleich übermitteln. Diese Regelung ist Schaar zufolge mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung vereinbar. Dabei werde nur der vorhandene Registerbestand genutzt. Geht es nach dem Bundesrat, sollen zur Qualitätssicherung Unstimmigkeiten bei den übermittelten Daten auch anhand von Einzelprüfungen durch die Meldebehörden geklärt werden dürfen. Dies geht dem Bundesdatenschutzbeauftragten deutlich zu weit.

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(Stefan Krempl) / (jk)