Der Ball im Netz

Die kommende Fußballweltmeisterschaft findet für deutsche Zuschauer früh morgens und in den Mittagsstunden statt. Viele wollen sich aber auch während der Arbeit über die WM informieren. Das können sie im Internet.

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Vor vier Jahren in Frankreich war alles ganz anders -- vor allem zuschauerfreundlicher: Die Spiele der Fußball-WM fanden, wie es auch besser zu einem zünftigen Bier passt, in den Abendstunden statt, und alle Begegnungen waren live "in der ersten Reihe", also bei ARD und ZDF zu sehen. Bei den Fußball-Weltfestspielen in Japan und Südkorea vom 31. Mai bis 30. Juni müssen sich die Couch-Potatoes einen Ersatz für die Flimmerkiste suchen, denn die Partien werden zwischen 7.30 Uhr morgens und 13.30 Uhr am Mittag europäischer Zeit angepfiffen, für viele also während der Arbeitszeit.

"Die Fußball-WM wird eine Internet-WM", sagt Werner Wittmann, Leiter Neue Medien des Olympia-Verlags in Nürnberg, der das Fachblatt kicker herausgibt. War das Internet schon bisher ein wichtiges Begleitmedium bei sportlichen Großveranstaltungen, wird es diesmal eine herausragende Rolle bei der Berichterstattung einnehmen. Die Anbieter von Websites zu diesem Thema rechnen daher mit Rekordzugriffen.

Bei kicker-online können Fans beispielsweise im WM-Forum oder WM-Chat ihre Meinung rund um das Geschehen auf dem grünen Rasen austauschen. Mit detaillierten Spielanalysen von Experten, Spielernoten sowie einem Formbarometer der Nationalspieler sollen die Nutzer gelockt werden. Besondere Hoffnungen ruhen dabei auf dem Live-Ticker, der bereits während der Spiele der Fußball-Bundesliga Spitzenzugriffe vermeldet: Tore und Torschützen werden dort laufend aktualisiert. "Wir rechnen mit einem Ansturm auf den Ticker und haben unser System entsprechend ausgebaut", sagt Wittmann.

Ein Live-Ticker ist ebenfalls auf der offiziellen Website des Deutschen Fußball-Bundes geplant. Nach Angaben des DFB konzentriert sich das Online-Angebot des ehrwürdigen Verbandes jedoch besonders auf Informationen und Reportagen aus dem Quartier der deutschen Mannschaft. Mit welcher Formation die deutsche Elf antritt -- auf jeden Fall ohne Mehmet Scholl -- sollen die Fans zuerst auf der DFB-Website erfahren. Analysen der WM-Spiele von Mitgliedern des Trainerstabs sowie ein E-Mail-Service, bei dem Fans Kritik äußern oder Fragen an den DFB stellen können, sind ebenso geplant. Der Fußballbund will sich bemühen, die Anfragen innerhalb weniger Tage zu beantworten.

Wer noch Karten für die WM sucht, sollte sich beim Fußball-Weltverband FIFA in Zürich erkundigen. Neben Quiz- und Tippspielen sowie Infos zu den Gastgeberländern Japan und Südkorea bietet die FIFA-Website, die auch in deutscher Sprache verfasst ist, ein Weltpokal-Archiv an. Nostalgiker können sich Fußball-WM-Klassiker teilweise in voller Länge ansehen, etwa Deutschland gegen Frankreich aus dem Jahre 1982 oder das "Jahrhundertspiel" Italien gegen Deutschland von 1970. Auch Szenen großer Spieler wie Maradona, Pelé oder Platini stehen zum Download bereit.

Neben den offiziellen Angeboten stehen dem Netznutzer noch weitere zahlreiche Websites zur Verfügung. Informationsgehalt und Aufbereitung der Homepages sind dabei jedoch sehr unterschiedlich. Eine echte Fundgrube in Sachen Fußball hat unter www.weltfussball.de seine feste Adresse. Erstellt von one-man.de in Münster, überzeugt das Angebot durch Liebe zum Detail und Sorgfalt. "Wir wollen unseren eigenen Stil pflegen und dem Fan einen hohen Nutzwert und Unterhaltung bieten", erklärt Jens Dertmann, einer der beiden Macher der Website.

Ein übersichtlicher Statistikteil ermöglicht das unterhaltsame Durchstöbern der gesamten WM-Historie. Überzeugend ist das Link-Verzeichnis, das zu Websites von über 400 Spitzenspielern weltweit und zahlreichen Fanclubs führt. Sogar die Fußballregeln sind nachzulesen. Vergnügliches bietet die Rubrik "Kult-Fussball". Dort lässt sich etwa Edi Fingers legendärer Live-Kommentar ("I werd narrisch...") der Partie Deutschland gegen Österreich von der WM 1978 in Argentinien anhören, in der die Alpenkicker 3 : 2 über den Weltmeister von 1974 siegten und ihn damit aus dem Turnier warfen.

Jene, die sich lieber selbst als Feld-, Wald- und Wiesenfußballer betätigen, finden ebenfalls im Web zahlreiche Informationen, wie zum Beispiel auf den Seiten freizeitfussball.de und bolzplatz.de. Die Betreiber bemühen sich unter anderem darum, Datenbanken mit Freizeitteams des gesamten Bundesgebiets aufzubauen und Freundschaftspiele zu vermitteln.

Übrigens: Der WM-Klassiker von 1970 zwischen Italien und Deutschland, als fünf Tore in der Verlängerung fielen, aber auch der spannende Verlauf des 1982er-Halbfinalspiels zwischen Deutschland und Frankreich wäre mit "Golden Goal" nicht möglich gewesen. Wie Spiegel online berichtet, soll der "plötzliche Tod" wenigstens im europäischen Fußball nun wieder abgeschafft und durch eine modifizierte Verlängerung ersetzt werden. (Rolf Behovits, Andreas Wilkens) / (anw)