Der lange Abschied deutscher Behörden vom Faxgerät
Bayerns Digitalminister "hat das Faxen dicke", und legt einen groben Zeitplan für das Ende der Geräte in Behörden vor. Auch andere Bundesländer arbeiten daran.
Nach der Ankündigung von Bayerns Staatsminister für Digitales, Fabian Mehring (Freie Wähler), Faxe aus der öffentlichen Verwaltung zu verbannen, hat das Ministerium nun einen ersten groben Zeitplan genannt. Ziel sei es, möglichst schon in diesem Jahr die Zahl der Faxgeräte in bayerischen Behörden drastisch zu reduzieren, teilte eine Sprecherin auf Nachfrage mit. Zur Mitte der Legislaturperiode strebe man dann "die weitgehende Volldigitalisierung der internen Verwaltungskommunikation" in Bayern an. Über die konkreten Maßnahmen und einen verbindlichen Zeitplan entscheide jedoch das Kabinett.
Die Ministerratsvorlage zum "Fax-Bann" sei bereits in Vorbereitung und werde in den nächsten Wochen ins Kabinett eingebracht. Damit wird konkreter, was Mehring vor einigen Wochen öffentlichkeitswirksam angekündigt hatte: Mehring "hat das Faxen dicke", hieß es damals in einer Mitteilung des Ministeriums. Man wolle "dem Fax in der öffentlichen Verwaltung als erstes Bundesland den Stecker ziehen". Die Schlagzeilen hatte der neue bayerische Digitalminister, dessen Haus ansonsten eher überschaubare Kompetenzen innerhalb der Staatsregierung hat, für den Moment sicher.
Behörden sollen für Bürger per Fax erreichbar bleiben
Zweierlei hat sich inzwischen herauskristallisiert: Nicht überall wird die Abschaffung der Fax-Kommunikation völlig problemlos und von heute auf morgen gehen. Und: Die Behörden, auch die Ministerien, werden für Bürgerinnen und Bürger auch weiterhin per Fax erreichbar sein. Immerhin weiß man grob, wie viele Faxgeräte in bayerischen Amtsstuben stehen: Vor einem Jahr, im März 2023, verfügte die bayerische Staatsverwaltung über 3766 Geräte – und zwar reine Faxgeräte, Multifunktionsgeräte also nicht mitgezählt. Das hatte damals eine parlamentarische Anfrage der Grünen zutage befördert.
Auch in Niedersachsens Landesbehörden werden Schätzungen zufolge noch rund 2000 Fax-Anschlüsse betrieben, wie das Innenministerium in Hannover auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte. In Bremen sind noch rund 250 Faxgeräte im Einsatz. Das hatte eine Umfrage aus dem vergangenen Jahr ergeben, wie das zuständige Finanzressort mitteilte. Hinzu kämen noch Geräte der Kommune Bremerhaven.
Bremen nutzt Fax für Notrufe
Das Bremer Finanzressort teilte mit, dass Faxen keinen allzu großen Stellenwert mehr für die Verwaltung habe. Dass dennoch Geräte im Betrieb sind, sei begründbar. Polizei, Feuerwehr und Rettungsleitstelle müssten schließlich Notrufe von Gehörlosen über ein sogenanntes Notruf-Fax entgegennehmen. Zudem erwarteten Banken, Krankenkassen und Ärzte, dass sie die öffentliche Verwaltung per Fax erreichen könnten.
In Bayern sieht man sich zudem auch in der Verantwortung, für Bürger per Fax erreichbar zu bleiben. "Derzeit wenden sich noch viele Menschen per Fax an die Staatsverwaltung. Deshalb werden als Ausdruck von Service und Bürgerfreundlichkeit Faxgeräte weiterhin für Personen mit diesem bevorzugten Kommunikationsmittel vorgehalten", teilte die Staatsregierung damals mit. Das soll sich auch nicht ändern. "Selbstverständlich können die Menschen im Freistaat den Behörden ihrerseits nach meinen Plänen auch weiterhin ein Fax senden", stellt auch Mehring klar, er betont aber: "Dieses muss dort als Computerfax angenommen und medienbruchfrei digital weiterverarbeitet werden."
Intern soll es also künftig keine Kommunikation per Fax mehr geben. "Im Zentrum unserer Bemühungen steht die Idee, zukünftig in unserer gesamten Behördenkommunikation vollständige Ende-zu-Ende-Digitalisierung zu gewährleisten", erläutert das Ministerium. Hier setze man künftig "auf durchgängig digitale Kommunikation". Man müsse sich "von der Technik des letzten Jahrhunderts verabschieden", die nicht KI-fähig und ein Sinnbild für digitale Rückständigkeit sei, sagt Mehring. "Ich finde: Unser Bayern soll die Heimat von High-Tech und Fortschritt werden und kein Museum für Fax und Funkloch sein."
Faxe bleiben für Justiz relevant
Das Ministerium betont zudem, die Abschaffung des Faxes sei weder Symbolpolitik noch ein PR-Gag. "Vielmehr besteht darin eine technische Notwendigkeit, um Bayerns Verwaltung fit für das digitale Zeitalter zu machen." Fortschritte gibt es auch in der Justiz, wo Fax-Kommunikation lange zum absoluten Standard gehörte. Kürzlich habe man einen Meilenstein erreicht, teilt das Justizministerium auf Nachfrage mit: "Alle bayerischen Gerichte – das Bayerische Oberste Landesgericht, die Oberlandesgerichte, die Landgerichte und Amtsgerichte – arbeiten in Zivil- und Familiensachen mit der E-Akte."
Und schon seit Januar 2022 seien professionelle Prozessbeteiligte, insbesondere Anwälte, Notare und Behörden, grundsätzlich verpflichtet, Schriftsätze und Anlagen elektronisch einzureichen. Bei anderen Beteiligten würden Faxgeräte aber insbesondere noch für die Übermittlung eiliger Beschlüsse und Urteile eingesetzt. "Die Justiz ist aktuell aus rechtlichen Gründen zur Entgegennahme von Telefaxen verpflichtet", erklärt eine Sprecherin. "Zum einen bestehen entsprechende Vorgaben in den maßgeblichen bundesrechtlichen Verfahrensordnungen. Zum anderen folgt aus der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass Schriftformerfordernisse grundsätzlich auch durch die Übersendung eines Dokuments per Telefax gewahrt werden können."
Ärzte und Handwerker nutzen in Niedersachsen oft Fax
Auch in Niedersachsen sieht man das ähnlich: Dass in Verwaltungen noch immer Faxgeräte genutzt werden, liege auch an juristischen Gründen, teilte das niedersächsische Innenministerium mit. Denn anders als ein Fax eigene sich eine herkömmliche E-Mail nicht für eine rechtssichere Kommunikation. Außerdem sei die Fax-Technik in vielen Wirtschaftsbereichen "noch sehr verbreitet", etwa in Arztpraxen oder Handwerksbetrieben. Laut des Ministeriums könne ein Grund dafür die Übermittlungsbestätigung sein, die das Fax im Gegensatz zur E-Mail biete.
Auf kommunaler Ebene gibt es diese Bestrebungen jedoch. So will beispielsweise die Stadt Köln die Faxgeräte bis 2028 abschaffen. Bereits ab 2024 sollen sie bei der Neuausstattung von Gebäuden nicht mehr installiert werden.
(nie)