Deutsche Bahn: "Hauptschlagader" wird abgeklemmt

Kurz nach der EM beginnt die Generalsanierung des Schienennetzes. Der Verkehrsminister und der CDU-Vorsitzende haben widersprechende Anregungen dazu.

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Bauarbeiten arbeiten an Gleisen.

Gleisbauarbeiten in Mannheim.

(Bild: Deutsche Bahn AG / Uli Planz)

Lesezeit: 3 Min.

Mit der Vollsperrung der Bahnstrecke zwischen Mannheim und Frankfurt am Main hat am heutigen Montag die Generalsanierung des ersten Hauptkorridors des deutschen Schienenverkehrs begonnen. Für Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) der schwierigste Korridor von allen, die bis 2030 vollsaniert werden sollen, wie er im Interview mit dem Deutschlandfunk sagte. Die auch Riedbahn genannte Strecke sei "etwas wie eine verstopfte Hauptschlagader in einem Organismus. Die wird jetzt abgeklemmt, saniert und danach funktioniert das System besser". Damit das innerhalb von fünf Monaten klappt, sei sehr minutiös und aufwändig geplant worden.

Riedbahn und Umleitungsstrecken.

(Bild: Deutsche Bahn)

Für das Projekt der Generalsanierung seien im Rekordtempo Gesetze geändert und ein neues Finanzierungssystem aufgesetzt worden. Es sei möglich, die Riedbahn in dem Zeitplan zu sanieren, das sei im Januar dieses Jahres erfolgreich getestet worden, sagte Wissing zu kritischen Stimmen aus der Bauindustrie. Die dafür nötigen Kapazitäten und das Material seien vorhanden.

"Ich habe eine marode Bahninfrastruktur übernommen, die Jahrzehnte haben meine Vorgänger nicht ausreichend investiert", wiederholte Wissing Vorwürfe gegenüber vorigen Regierung. Er habe gleich nach der Amtsübergabe an einem Sanierungskonzept arbeitet, nun investiere er historische Summen in die Bahn. Wie hoch die letztlich ausfallen, lasse sich noch nicht absehen. Die Generalsanierung beginne nun nach der Fußball-Europameisterschaft der Männer, da sonst das Chaos auf der Schiene noch größer als ohnehin geworden wäre.

Der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz meinte im Sommerinterview der ARD dazu, die Bahn sei überfordert, sie überfordere sich selbst. Als Beispiel nannte er den anvisierten Deutschlandtakt. Die vorgesehenen weiteren Angebote könne das komplexe System in seinen gegenwärtigen Zustand nicht erbringen, die Bahn müsse ihr Angebot reduzieren. Wissing sagte auf Merz Aussagen angesprochen, die ehemalige CDU-geführte Regierung habe keine Lösungskonzepte für die Bahn erarbeitet. Für den Minister seien es "wohlfeile Forderungen", die keine Relevanz haben.

Seine Bundestagsfraktion habe sich ausgiebig mit dem Thema Bahn beschäftigt. Ihr Konzept bestehe im Wesentlichen darin, Netz und Betrieb zu trennen. "Das Netz muss in der Hand des Staates bleiben, der Betrieb auf dem Netz kann im Wettbewerb stattfinden", sagte Merz. Im März dieses Jahres war seine Fraktion im Bundestag mit einem Antrag in dieser Richtung gescheitert.

In den kommenden Jahren sollen 41 viel befahrene Bahnstrecken saniert werden. Tim-Oliver Müller, Hauptgeschäftsführer des Hauptverbands der Deutschen Bauindustrie (HDB), sagte der Welt am Sonntag, er sei sich sehr sicher, dass bis 2031 nicht alle geplanten Korridorsanierungen abgeschlossen sein werden. Das gesamte Projekt müsse zeitlich gedehnt werden, denn die Unternehmen könnten noch keine realistische Kapazitätsplanung machen. Dafür müssten sich zuerst Politik und Bahn einig sein.

(anw)