Deutsche Bahn gibt ihrem Schienennetz eine schlechtere Note

In welchem Zustand befinden sich die 325.000 Infrastrukturanlagen der Deutschen Bahn? Gutachter haben ihn und nötige Investitionen ermittelt.

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Regionalzug der Nordwestbahn auf einer EisenbahnbrĂĽcke in Bremen. FĂĽr knapp 1500 BrĂĽcken vergeben die DB-Gutachter keine gute Note.

(Bild: heise online / anw)

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Gutachter haben der Schieneninfrastruktur der Deutschen Bahn für das Jahr 2022 die Gesamtnote 3,1 erteilt. Im Jahr zuvor betrug die Zustandsnote 2,93, heißt es in einer Mitteilung der Ende 2023 gegründeten DB-Infrastrukturtocher Infrago. Die Notenskala reicht dabei von "1" für "neuwertig" bis "5" für "mangelhaft". "3" entspricht einem "mittelmäßig". Für den Netzzustandsbericht wurden 325.000 Infrastrukturanlagen wie Brücken, Tunnel, Stützbauwerke, Gleise, Weichen, Bahnübergänge, Stellwerke und Oberleitungen beispielsweise mit Messzugfahrten überprüft.

"Alle Infrastrukturanlagen sind stand-, betriebs- und verkehrssicher", versichert DB Infrago. Gerade pünktlichkeitsrelevante Anlagen wie Weichen, Bahnübergänge und Stellwerke im hochbelasteten Netz seien mittelmäßig bis mangelhaft, es bestehe also Handlungsbedarf. "Um die geltenden Standards auch weiterhin einzuhalten, müssen bei pünktlichkeitsrelevanten Anlagen zum Teil unverzüglich betriebliche oder technische Maßnahmen ergriffen werden."

Anlagen im Wert von 286 Milliarden Euro, also rund 51,5 Prozent der gesamten bewerteten Infrastruktur, stufen die Gutachter als mittelmäßig oder schlechter ein. Dies verteilt sich auf 35,2 Prozent mittelmäßig, 11,9 Prozent schlecht, 4,1 Prozent mangelhaft und 0,3 Prozent einschränkend. "Einschränkend" bedeutet, hier gibt es kurzfristigen Handlungsbedarf, dafür müssten 1,5 Milliarden Euro aufgewendet werden. "Dringender Nachholbedarf" – ausgedrückt durch die Note 5 – müsste mit 22,9 Milliarden Euro gedeckt werden, hinzu kommen Aufwendungen in Höhe von 65,8 Milliarden Euro für einen nicht ganz so dringenden Nachholbedarf. Hier merkt Infrago an (PDF), für Anlagen mit Nachholbedarf hätten die Ersatzinvestition bereits generell getätigt werden sollen, damit keine Betriebseinschränkungen und höhere Kosten auftreten.

Die Note 4 oder schlechter haben vor allem Brücken und Stellwerke bekommen. Unter den Brücken sind 1485 Anlagen mit einem gesamten Wiederbeschaffungswert von 27,6 Milliarden Euro betroffen, ebenso 1955 Stellwerke – fast die Hälfte aller dieser Anlagen – mit einem Wert von 26,2 Milliarden Euro. Der Zustand der Gleise bekam insgesamt die Note 3,13. Hier machten die Gutachter einen Investitionsbedarf von 11,3 Milliarden Euro für 12.000 km aus, davon seien knapp 1900 km für 1,8 Milliarden dringend zu erledigen. Potenzielle Ersatzinvestitionen gebe es bei knapp 14.000 Weichen für 4,3 Milliarden Euro und bei gut 4000 Bahnübergängen mit 3,6 Milliarden Euro.

Die Deutsche Bahn will dieses Jahr damit beginnen, viel befahrene Korridore zu sanieren. Erstes zentrales Projekt ist die Generalsanierung der Riedbahn zwischen Frankfurt/Main und Mannheim, bei der ab 15. Juli innerhalb von fünf Monaten alle Anlagen in mittelmäßigem bis mangelhaftem Zustand komplett erneuert werden sollen.

Insgesamt will die DB bis 2030 mehr als 4000 hochbelastete Streckenkilometer einer Generalsanierung unterziehen. So sollen die meistgenutzten Strecken im bestehenden, mehr als 33.000 Kilometer langen, Schienennetz in einen deutlich besseren Zustand versetzt werden.

(anw)