Deutsche Mitarbeiter ausländischer Firmen im Visier des BND

Ein Regierungssprecher hat jetzt die Annahme des Bundesnachrichtendiensts bestätigt, wonach dieser eine "ausländische juristische Person" wie eine Firma überwachen darf, auch wenn ein Deutscher für sie kommuniziert.

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BND in Pullach

(Bild: dpa)

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Schon seit einigen Wochen sorgt im NSA-Untersuchungssausschuss des Bundestags die "Funktionsträgertheorie" bei der Opposition für Empörung, wonach der Bundesnachrichtendienst (BND) unter gewissen Umständen deutsche Grundrechtsträger im Ausland ausforschen darf. Grundrechte wie das Fernmeldegeheimnis "finden keine Anwendung auf ausländische juristische Personen" wie etwa Unternehmen oder vergleichbare Institutionen, erklärte ein Sprecher der Bundesregierung laut Netzpolitik.org. Dies sei "unabhängig von der Staatsangehörigkeit des kommunizierenden Mitarbeiters".

Im Klartext bedeutet dies: Ist ein Deutscher bei einer ausländischen Firma im Ausland angestellt, gelten für ihn in geschäftlichen Dingen die Grundrechte nicht. Bedingung ist, dass er "in seiner Funktion" etwa als Geschäftsführer des Unternehmens kommuniziert. Entsprechende Äußerungen werden dem Sprecher nach dann der abgehörten "juristischen Person" zugerechnet. Der BND darf ihn also überwachen, solange es nicht um Privates geht und der Abgehörte dann nicht mehr in seiner Firmenfunktion etwa am Telefon spricht oder mailt.

Öffentlich Thema war diese Ansicht erstmals Anfang November im NSA-Ausschuss. Ein Zeuge hatte zu Protokoll gegeben, dass vom BND abgehörte deutsche Mitarbeiter der Welthungerhilfe von hauseigenen Juristen als solche "Funktionsträger" eingestuft worden seien. Die Theorie ist also auch zumindest in einem Fall offenbar bereits in die Praxis umgesetzt worden. Laut Zeuge sind sich die Rechtsexperten inzwischen aber einig, dass die Kommunikation solcher Nicht-Regierungs-Organisationen zumindest nicht mehr verwertet werden dürfe.

Von solchen Einschränkungen ist in der Regierungsverlautbarung keine Rede mehr. Darin heißt es allein, dass die Rechtsordnung etwa "der Pressefreiheit einen besonderen Schutz einräumt". Dies sei auch durch den BND etwa bei der umstrittenen strategischen Fernmeldeaufklärung mit der Staubsaugermethode zu berücksichtigen, die "ausschließlich in Erfüllung seines gesetzlichen Auftrags" erfolge. Die Antwort lässt freilich offen, ob der Auslandsgeheimdienst bei ausländischen Institutionen tätige deutsche Journalisten oder andere sogenannte Berufsgeheimnisträger wie Abgeordnete, Anwälte oder Ärzte grundsätzlich als Abhörziele erachtet oder nicht.

Weitere Einsichten in die Theorie erhofften sich die Abgeordneten vergangenen Donnerstag im Untersuchungausschuss von dem ebenfalls als Zeugen geladenen früheren BND-Juristen Stefan Burbaum. Dieser erklärte, dass nur inländische juristische Personen dem Grundrechtsschutz unterlägen. So sei etwa jede Kommunikation von Mitarbeitern deutscher Konzerne geschützt. Bei einer ausländischen juristischen Person sei dagegen "irrelevant", ob ein deutscher Mitarbeiter kommuniziert. Das Abhören sei dann prinzipiell rechtmäßig. Ein deutscher Manager bei US-Unternehmen wie Boeing, Google oder Microsoft dürfte demnach also gegebenenfalls mit dem BND-Staubsauger ausgespäht werden. (vbr)