Deutschlandstart von Gizmondo immer unwahrscheinlicher

Ob der einst als Konkurrent zu Nintendos DS und Sonys PSP angekündigte Spiele-Handheld jemals auf den deutschen Markt kommt, ist fraglich. Hersteller Tiger Telematics hat bislang alle Einführungstermine platzen lassen.

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Von
  • Nico Jurran

Nach der Vorstellung eines Nachfolgegeräts und der Veröffentlichung eines interessanten Finanzberichts wachsen die Zweifel, dass der einst als Konkurrent für Nintendos DS und Sonys PSP angekündigte Spiele-Handheld doch noch in Deutschland erscheint. Auf Nachfrage von heise online erklärte die deutsche Gizmondo-Presseagentur jedenfalls, dass man nicht sagen könne, wann die portable Konsole hierzulande erscheine -- oder ob überhaupt. Immerhin ist der US-Start des Gizmondos noch für diese Weihnachten angekündigt.

Ursprünglich sollte der auf der diesjährigen CeBIT in einer angeblich fertigen Version präsentierte Multifunktions-Handheld aus dem Hause Tiger Telematics noch im März für 329 Euro verkauft werden. Spiele sollte unter anderem Electronic Arts liefern. Nach der Veröffentlichung in Großbritannien nannte man dann jedoch den 19. Mai als neuen Starttermin für einige weitere europäische Staaten, darunter Deutschland. Kosten sollte der Gizmondo nun 349 Euro pro Stück. Alternativ waren Smart-Adds-Packs für 189 Euro und Smart-Adds-Valuepacks für 289 Euro geplant, bei denen man die Gizmondos mit TV-Spot-ähnlicher und speziell auf die einzelnen Benutzer abgestimmter Werbung beschickten wollte. Am 19. Mai verschob die Gizmondo Germany GmbH die Deutschland-Einführung jedoch auf den 14. Juli. Als Gründe nannte ein Unternehmenssprecher Vertragsunstimmigkeiten mit dem Service-Provider Vodafone sowie technische Probleme. Den zeitlichen Vorsprung gegenüber Sonys PSP verspielte der Gizmondo endgültig, als der Termin erneut nach hinten verlegt wurde -- dieses Mal auf den 5. September.

Mittlerweile ist auch dieser Termin längst verstrichen, und vom Gizmondo fehlt weiterhin jede Spur. Dafür präsentierte Tiger Telematics jüngst einen "Gizmondo Widescreen" mit einer Display-Auflösung von 480 × 272 statt 240 × 320 Pixel und WLAN-Unterstützung, womit der Hersteller Sonys PSP nacheifern würde. Allerdings soll der Prozessor dieser Widescreen-Konsole sogar mit 500 MHz Taktfrequenz arbeiten, während bei der PSP-CPU bei 333 MHz Schluß ist. Präsentiert werden soll das Gerät angeblich auf der CES im Januar, eine Markteinführung in den USA soll zum 2. Quartal 2006 folgen. In Europa ist die neue Version angeblich etwas später verfügbar. Allerdings muss sich Tiger Telematics fragen lassen, ob es sinnvoll ist, den Nachfolger eines Geräts vorzustellen, das bislang nur in einem einzigen Land erschienen ist.

Hinzu kommt, dass der gerade von der Aktiengesellschaft Tiger Telematics veröffentlichte Finanzreport nicht nur enorme Verluste aufweist (2004 fuhr das Unternehmen demnach einen Netto-Verlust von 99 Millionen US-Dollar und alleine im 1. Halbjahr 2005 einen operativen Verlust von 210 Millionen US-Dollar ein), sondern es laut einem Bericht von GameIndustry.biz auch einige interessanten Erklärungen gäbe, wohin ein Teil des Geldes verschwunden sein könnte. So soll Gizmondo Europe nicht nur mit Electronic Arts einen Vertrag über die Entwicklung von FIFA- and SSX-Spielen in Höhe von 5,9 Millionen US-Dollar geschlossen haben. Die europäische Dependance habe laut GameIndustry.biz zudem 3,5 Millionen US-Dollar an den unabhängigen Entwickler Northern Lights für die Spiele "Chicane" und "Colors" gezahlt -- obwohl die Titel tatsächlich von Warthog und Indie Studios entwickelt worden seien, die sowieso zu Gizmondo Europe gehörten. Northern Lights gehöre Gizmondo-Europe-Director Carl Freer gemeinsam mit Stefan Eriksson, seines Zeichens Executive Officer von Gizmondo Europe. Damit nicht genug, habe Tiger in den Jahren 2004 und 2005 für 170.000 US-Dollar Carl Freers Ehefrau als Marketing- und PR-Beraterin angeheuert.

Auch anderen Mitarbeitern von Gizmondo Europe soll es nicht schlecht gegangen sein: So habe die Sekretärin Tamela Sainsbury 2004 ein Gehalt von fast 150.000 US-Dollar plus Bonuszahlungen in Höhe von 83.000 US-Dollar und einen "Luxuswagen" für 70.000 US-Dollar erhalten. Tamela Sainsbury lebe mit dem Gizmondo-Europe-Director Steve Carroll zusammen, der sich selbst angeblich einen Wagen für 230.000 US-Dollar von der Firma bezahlen ließ. Damit läge er noch hinter dem oben bereits genannten Freer, der 280.000 US-Dollar für einen angemessenen fahrbahren Untersatz erhalten habe, aber weit vor Stefan Eriksson, der mit 104.000 US-Dollar habe auskommen müssen. Dabei sei es Caroll, Erikson und Freer mit einem Jahresverdienst von je 1,5 Millionen US-Dollar eigentlich nicht schlecht gegangen.

Während sich Gizmondos Rechtsstreitigkeiten mit Jordans Formel-1-Rennteam mittlerweile erledigt haben sollen, fordert die PR-Firma Ogilvly für Dienste in den Jahren 2003 und 2004 laut GameIndustry.biz immer noch 4,1 Millionen US-Dollar plus Zinsen. Auch MTV Networks Europe soll jüngst angekündigt haben, sich das Recht vorzubehalten, Gizmondo gerichtlich zwingen zu lassen, endlich seine Rechnungen zu bezahlen. Das Unternehmen habe vereinbarte 1,5 Millionen US-Dollar noch nicht gezahlt, was eigentlich schon bis zum 31. März hätte geschehen sollen. (nij)