Deutschlandticket: SPD-Politiker warnen vor Aus des Erfolgsprojekts
Der Streit um die Finanzierung des 49-Euro-Tickets schwelt, Geld gibt es nur bis Jahresende. Ein Positionspapier warnt nun, ein Ausstieg sei "keine Option".
Die Zukunft des Deutschlandtickets (49-Euro-Ticket) steht womöglich wegen der unklaren Finanzierung auf der Kippe. Am kommenden Montag (6.11.) tagt die Ministerpräsidentenkonferenz unter anderem zu dem Thema, wer fehlendes Geld für die Fortsetzung des Tickets zahlen soll. Mehrere SPD-Landesminister lenken mit einem Positionspapier zu der Konferenz die Aufmerksamkeit darauf und warnen vor einem Scheitern des Projekts. Dieses Papier lagen dem ARD-Hauptstadtstudio sowie dem "Spiegel" vor, der zuerst darüber berichtete.
In dem Papier fordern die SPD-Minister "dringend" eine politische Entscheidung darüber, wie und durch wen das Ticket finanziert werden soll. Geld steht zunächst nur bis Ende des Jahres bereit und die Verfasser warnen vor einem abrupten Ende des Vorhabens. Das aus dem 9-Euro-Ticket hervorgegangene 49-Euro-Ticket genießt den Ruf eines Erfolgsprojekts der Ampelkoalition des Bundes. In dem Papier heißt es, Bund und Länder müssten sich deshalb am kommenden Montag über den Finanzrahmen verständigen. Und: Die Beendigung des Deutschlandtickets sei "keine Option" – so eine Warnung beschreibt meist verklausuliert, dass genau dies bevorstehen könnte.
Preis von 64 Euro ab 2024 befĂĽrchtet
Bund und Länder hatten sich bislang miteinander geeinigt, jeweils 1,5 Milliarden Euro für die Finanzierung des Tickets zu übernehmen. Für die Jahre 2024 und 2025 rechnen Experten jedoch mit einer Lücke bei der Finanzierung zwischen 1,1 Milliarden Euro im Jahr 2024 und 1,6 Milliarden Euro im Jahr 2025. Die Autoren des Papiers fordern Bund und Länder auf, das zusätzliche Finanzierungsrisiko zu teilen, damit ein Ticketpreis von 49 Euro beibehalten werden könne, heißt es beim "Spiegel". Werde der Finanzrahmen nicht ausgeweitet und noch nicht einmal der Übertragung der Restmittel von 2023 zugestimmt, müsse der Ticketpreis zum 1. Mai 2024 auf 64 Euro steigen.
Komme es zu einer derartigen Preiserhöhung, heißt es in dem Papier weiter, könnten Kunden des Tickets womöglich wieder vermehrt auf andere Verkehrsmittel – sprich: den privaten Pkw – umsteigen. Das Potenzial des Deutschlandtickets werde so nicht ausgeschöpft. Das Ziel, mindestens 13 Millionen Tickets zu verkaufen, werde dann nicht erreicht. Die Länder-Verkehrsminister seien jedoch dafür, den derzeitigen Preis von 49 Euro vorerst beizubehalten. Der Unmut über die ungeklärte Lage bei den Finanzen für das Deutschlandticket wächst offenbar, schon vor einer Woche hatten sich Verkehrsressorts der Bundesländer kritisch zu der Debatte geäußert und rasche Klarheit bei Geldfragen angemahnt.
Umfrage: 37 Prozent sehen bei 49 Euro Grenze erreicht
Tatsächlich würden viele Nutzer des Deutschlandtickets eine Preiserhöhung nicht mitmachen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des Yougov-Instituts im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Demnach ist für mehr als ein Drittel der Deutschlandticket-Inhaber und -Interessenten (37 Prozent) der derzeitige Preis von 49 Euro pro Monat die Grenze. Sie würden das Abonnement für den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) kündigen beziehungsweise nicht weiter in Erwägung ziehen, sollte es eines Tages teurer werden.
23 Prozent würden bei einer Erhöhung um zehn auf 59 Euro noch mitgehen, ab dann aber ebenfalls aussteigen. Immerhin fast jeder dritte Abonnent oder Interessent würde auch ein noch teureres Ticket behalten oder kaufen. Sechs Prozent der befragten Inhaber und Kaufinteressierten wäre sogar bereit, bis zu 89 Euro pro Monat zu zahlen.
Das seit Mai gültige Angebot gibt es nur als Abo. Es verlängert sich jeden Monat automatisch neu, solange es nicht gekündigt wird. Das ist zwar monatlich möglich. Trotzdem würde sich fast die Hälfte der Verbraucher – Inhaber und Nicht-Inhaber – der dpa-Umfrage zufolge ein Modell wie beim sogenannten 9-Euro-Ticket wünschen. Den Vorgänger des Deutschlandabos gab es zwischen Juni und August 2022. Das 9-Euro-Ticket galt pro Monat und musste in der Zeit für die einzelnen Monate jeweils neu gekauft werden.
Für die Umfrage wurden vom 27. bis 30. Oktober 2120 Personen ab 18 Jahren in Deutschland befragt. Die Ergebnisse wurden gewichtet und sind repräsentativ für die Bevölkerung ab 18 Jahren.
(tiw)