Die Hightech-Branche wittert Morgenluft

Von neuer Euphorie wollen die Technologiefirmen trotz der positiven Signale aber nichts wissen, zumal der allseits erwartete Aufschwung wohl moderat ausfallen wird.

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Von
  • Axel Höpner
  • dpa

Nach jahrelanger Depression wittert die weltweite Hightech-Branche zunehmend Morgenluft. In der vergangenen Woche lieferten die großen US-Konzerne wie IBM, Intel oder Apple überraschend gute Quartalsergebnisse, am heutigen Montag zog der deutsche Chipkonzern Infineon mit positiven Nachrichten nach. "Die schlimmste Krise, die der Halbleitermarkt jemals erlebt hat, scheint vorüber", sagte Konzernchef Ulrich Schumacher in München. Die Unternehmen scheinen aus dem Platzen der Hightech-Blase gelernt zu haben. Denn von neuer Euphorie wollen die Technologiefirmen trotz der positiven Signale nichts wissen, zumal der allseits erwartete Aufschwung wohl moderat ausfallen wird.

In der Flaute hatten viele Unternehmen ihre IT-Ausgaben als erstes heruntergefahren. Mittlerweile wagen die Firmen auch wegen eines großen Ersatzbeschaffungsbedarfs wieder vorsichtige Investitionen in ihre Infrastruktur. So registrierten zum Beispiel die Computerhersteller IBM und Apple zuletzt eine spürbar gestiegene Nachfrage. "Das Klima bei den Kunden wird ständig besser", sagte IBM-Konzernchef Samuel J. Palmisano. Allerdings können die US-Konzerne nach Einschätzung von Beobachtern wegen des schwachen Dollars stärker von der steigenden Nachfrage profitieren als die europäischen Unternehmen. Ein Blick auf die Infineon-Zahlen zeigt, dass kein Grund zum Jubeln besteht. Das Unternehmen schloss das erste Quartal des Geschäftsjahres 2003/04 zwar mit einem Gewinn von 34 Millionen Euro ab. Wegen des starken Euro und des Preisdrucks bei Speicherchips fiel dieser aber geringer aus als in den drei Monaten zuvor. Im Schlussquartal 2002/03 hatte Infineon 49 Millionen Euro verdient nach zuvor neun Quartalsverlusten in Folge.

In jedem Fall sind die Infineon-Gewinne noch immer zu klein, um die Verluste aus der Krise auch nur annähernd auszugleichen. Infineon hatte in den vergangenen drei Geschäftsjahren ein Minus von mehr als zwei Milliarden Euro gemacht. Ähnlich sieht die Situation bei Sony Ericsson aus. Der Handy-Hersteller konnte zwar zum zweiten Mal seit Beginn der japanisch-schwedischen Kooperation vor drei Jahren einen Quartalsgewinn verkünden. Das Plus fiel allerdings mit 46 Millionen Euro vergleichsweise bescheiden aus. Im Gesamtjahr stand so unter dem Strich noch ein Minus von 130 Millionen Euro.

Erst der Verlauf des ersten Kalenderquartals wird nach Einschätzung vieler Experten zeigen, wohin die Reise geht und ob das starke Weihnachtsquartal nur ein Strohfeuer war. Infineon-Finanzvorstand Peter Fischl sagte nur vorsichtig, im laufenden Quartal hoffe das Unternehmen auf schwarze Zahlen. Derzeit deutet aber einiges auf einen kleinen, aber stabilen Aufschwung hin. Die Kapazitätsauslastung in der Branche liege wieder über 90 Prozent, sagte Karten Iltgen von der WestLB. Daher werde der Preisdruck voraussichtlich weiter nachlassen.

Schon diese Woche gibt es für Analysten und Anleger weitere Hinweise auf die Lage der Hightech-Branche, wenn Firmen wie AMD und Motorola (Dienstag), Lucent, Siebel und SGI (Mittwoch) oder Siemens, Nokia, SAP und Microsoft (Donnerstag) ihre Zahlen für das abgelaufene Quartal vorlegen. Siemens etwa könnte nach Schätzung von Analysten den Gewinn im ersten Quartal des laufenden Geschäftsjahres bei leicht rückläufigen Umsätzen spürbar gesteigert haben. Der Überschuss dürfte den Schätzungen zufolge von 521 Millionen Euro im Vorjahr auf rund 650 Millionen Euro gestiegen sein. Vor allem die Mobilfunksparte ICM soll wegen der hohen Nachfrage nach Handys Fortschritte gemacht haben. (Axel Höpner, dpa) / (jk)