Die fetten Jahre sind vorbei bei der GEMA

Die Musikverwertungsgesellschaft musste 2007 nach einem Rekordjahr einen spürbaren Umsatzrückgang verzeichnen. Positive Signale kommen aus dem Online-Geschäft, wo Apple eine paneuropäische Lizenz für iTunes abgeschlossen hat.

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Die GEMA musste 2007 nach einem Rekordjahr einen spürbaren Umsatzrückgang verzeichnen. 2006 sei durch Sondereffekte wie die Fußball-WM gekennzeichnet gewesen, erläuterte der Vorstandsvorsitzende der Musikverwertungsgesellschaft, Harald Heker, das miese Ergebnis bei der Präsentation der Jahreszahlen am heutigen Dienstag in Berlin. Mit einem Gesamtertrag von 849,6 Millionen Euro sei man jetzt "wieder im Alltag" angekommen. Die Erträge sind gegenüber dem Vorjahr um etwa 2,8 Prozent oder 24,8 Millionen Euro zurückgegangen. Die an die Mitglieder ausgeschüttete Summe sank zugleich um 3,1 Prozent auf 729,3 Millionen Euro, obwohl die GEMA laut Heker bei den internen Aufwendungen "konsequent" gespart habe.

Der einzige Bereich, wo die Verwertungsgesellschaft ihre Umsätze auf 2,8 Prozent auf 287 Millionen Euro steigern konnte, ist das Außengeschäft der Bezirksdirektionen. Teils positive Signale vermeldete Heker auch aus dem Inkasso im Bereich Online und Klingeltöne. Dort stiegen die Einnahmen durch legale Downloads um 105,7 Prozent. Die Ertragssumme ist mit 7,2 Millionen Euro aber nach wie vor vergleichsweise mickrig. Das Ergebnis in diesem Sektor liege "weit hinter den Erwartungen", da die intensive Nutzung von Musik im Internet und auf Handys nach wie nicht angemessen vergütet werde.

Freudig berichtete Heker aber von einem Vertragsabschluss mit Apple für iTunes für eine paneuropäische Lizenzierung des Musikrepertoires nach einem Verhandlungsmarathon am Wochenende. Der GEMA-Chef freute sich, damit den "größten Nutzer im Online-Bereich weltweit" auf rechtlich sicheren Boden gebracht zu haben. Darüber hinaus gebe es auch Verhandlungen mit Sony Publishing und dem Peer-Verlag, einem der größten Herausgeber im Independent-Sektor. So werde sich nun zeigen, ob ein "echter paneuropäischer Markt für Online-Rechte funktionieren wird".

Für paneuropäische Lizenzen hat die GEMA gemeinsam mit ihrer britischen Schwester MCPS-PRS den Central European Licensing and Administration Service (CELAS) aufgebaut. Die beiden Organisationen reagierten damit auf die umstrittene Mitteilung der EU-Kommission zur Forcierung des Wettbewerbs im Online-Musikmarkt. Zusammen mit 24 anderen Verwertungsgesellschaften und dem weltweiten Dachverband, der CISAC, läuft zudem Heker zufolge derzeit der Versuch, einen "One Stop"-Shop für den Rechteerwerb zu etablieren. Es gehe um den Aufbau eines europäischen Portals, in der alle Rechteinhaber ihre Rechte einbringen könnten. Damit soll eine gütliche Kartellverfahren der Kommission erreicht werden.

Auch der "Kampf gegen die Internetpiraterie" läuft laut Heker "ganz gut". Die GEMA habe 2007 begonnen, eine "Fülle von Verfahren" gegen Internetanbieter zu führen, "die mit geistigen Eigentum sehr viel Geld verdienen, aber keinen Cent abführen". Am prominentesten sei der Fall RapidShare. Generell habe die Gesellschaft bislang "sämtliche" Rechtsstreitigkeiten gewonnen. Neben dem Erstreiten einstweiliger Verfügungen liefen auch Verhandlungen in der Hauptsache im Sinne der Urheber. "Wir werden die Verfahren, falls nötig, bis zum Bundesgerichtshof führen", kündigte Heker an. Die Provider müssten für eine Lizenzierung eine angemessen Vergütung zahlen "oder ihr Geschäftsmodell einstellen".

Erneut intensiviert hat sich der Streit um die Zahlung von Vergütungen als Ausgleich für gesetzlich erlaubte Privatkopien. Hintergrund ist ein Paradigmenwechsel im so genannten 2. Korb der Urheberrechtsnovelle, bei dem der Gesetzgeber die Höhe der Ausgleichszahlungen nicht mehr selbst festgelegt hat. Diese sollen nun vielmehr die Verwertungsgesellschaften mit der Geräteindustrie aushandeln. Dabei hätten sich die Befürchtungen, nicht auf gleicher Augenhöhe sprechen zu können, "mehr als erfüllt", klagte Heker. "Die Geräteindustrie hat über 80 Prozent aller Verträge fristlos zum Jahresende 2007 gekündigt." Sie stelle sich zugleich auf den Standpunkt, dass sie trotz einer gesetzlich vorgesehnen Übergangsregelung "vom 1. Januar 2008 an nichts mehr zahlen muss". Sollte die Wirtschaft nicht bald einlenken, bleibe nur das der Gerichtsweg übrig. Dies bedeute aber womöglich, "dass die Industrie jahrelang keinen Euro an die Verwertungsgesellschaften zahlt".

Aufgrund der damit erwarteten weiteren deutlichen Ertragseinbußen will sich die GEMA im Herbst an den Gesetzgeber wenden. Es seien Hilfsstellungen nötig, um die Position der Urheber zu stärken, meinte Heker. Dazu zählte er etwa die Verbesserung der Auskunftsansprüche gegenüber den Unternehmen über tatsächliche eingeführte und verkaufte Geräte, die Schaffung eines einheitlichen Gerichtsstands sowie eine Hinterlegungspflicht für zumindest streitige Beträge. Anders könne die "Wild-West-Situation" im Bereich neuer Medien kaum beendet werden. Um das Bewusstsein für geistige Eigentumsrechte von klein auf zu stärken, hat die Verwertungsgesellschaft eine gesonderte Aktion gestartet. So werben Heker zufolge "GEMAscouts" aus und in der jungen Generation mit Unterstützung von Promis wie Yvonne Catterfeld und Roger Cicero für eine Sensibilisierung zu diesem Thema etwa in Schulen.

Mau sieht es derweil beim Umsatz in den Bereichen Tonträger mit Verlusten in Höhe von 15,3 Prozent auf 182 Millionen Euro sowie Rundfunk und Fernsehen bei einem Rückgang um 8,2 Prozent auf 224,9 Millionen Euro aus. Das Problem im letzten Sektor führte Heker vor allem auf den Ablauf des Vertrags über Vergütungen für die Kabelweiterleitung im Jahr 2006 zurück. Die Verhandlungen über einen Neuabschluss seien gescheitert, ein Verfahren bei der Schiedsstelle habe die GEMA angestrengt. Aber auch hier sei erst mit Nachzahlungen zu rechnen, wenn der BGH nach mehreren Jahren entschieden habe. (Stefan Krempl) / (jk)