Digital statt Fax: Industrie fordert "radikalen Wandel" in Amtsstuben
Die Corona-Krise hat die mangelhafte digitale Ausstattung der Behörden aufgezeigt. Das kann so nicht weitergehen, meinen Vertreter der Wirtschaft.
Die Wirtschaft hat deutlich mehr Tempo bei der Digitalisierung in Behörden gefordert. Es müsse einen „radikalen Wandel in der deutschen Amtsstube“ geben, heißt es in einem am Montag vorgelegten Positionspapier des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI). Die Corona-Pandemie habe die bestehenden großen Defizite mehr als deutlich werden lassen. „Behörden waren nur unzureichend vorbereitet und in weiten Teilen völlig ungenügend digital fit.“ Deutschland sei mit Blick auf seine digitale Verwaltung im EU-Vergleich weit abgeschlagen.
Zeitgemäße digitale Ausstattung der Ämter
Auch der Präsident des Digitalverbandes Bitkom, Achim Berg, forderte mehr Anstrengungen. „Wir müssen schneller und besser werden“, erklärte er auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. „Die Corona-Krise hat unsere Versäumnisse für alle sichtbar und spürbar gemacht. Weiterhin verfolgen Gesundheitsämter Risikokontakte mit Brief und Fax, Homeoffice ist in der Verwaltung zu oft noch ein Fremdwort.“
Der BDI forderte, das oberste Gebot müsse nun eine zeitgemäße digitale Ausstattung, digitale Prozesse und eine Vernetzung der Gesundheitsämter sowie der Testinfrastrukturen sein.
Umstellen auf digitale Verwaltung
Weiter kritisierte der Verband, die Corona-Soforthilfen für Unternehmen hätten mit einer starken digitalen Verwaltung deutlich schneller und effizienter verteilt werden können. „Noch immer fehlen funktionierende Registerabgleiche, eine bundeseinheitliche Wirtschaftsnummer oder ein digitales Unternehmenskonto, mit dem sich Unternehmen für digitale Verwaltungsleistungen registrieren können.“
„Die Politik muss die Weichen schnellstmöglich stellen und Hindernisse aus dem Weg räumen“, so BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Dies betreffe jede Art von Verwaltungsprozessen, von Schulen über das Meldewesen bis zu Terminvergaben und Impfpässen.
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Nachteile fĂĽr den Wirtschaftsstandort befĂĽrchtet
Konsequentes E-Government sei Voraussetzung für einen wettbewerbsfähigen Standort im 21. Jahrhundert. Die zunehmende Kluft zwischen öffentlicher und privater digitaler Ausstattung werde zum ernsthaften Standortproblem. Auch für die Mitarbeiter in der öffentlichen Verwaltung sei das eine Zumutung. Die Bundesregierung sollte das geplante Onlinezugangsgesetz „unbedingt vollständig und fristgerecht“ bis Ende 2022 umsetzen.
Das Gesetz soll Bund, Länder und Kommunen laut Innenministerium verpflichten, bis Ende 2022 ihre Verwaltungsleistungen über Verwaltungsportale auch digital anzubieten.
Geschwindigkeit und Qualität der Behörden
Bitkom-Präsident Achim Berg sagte allerdings, das Ziel, bis 2022 alle Verwaltungsdienstleistungen von Bund, Ländern und Kommunen flächendeckend digital anzubieten, sei in zu weite Ferne gerückt: „Wir müssen schneller und besser werden.“ Berg sagte weiter: „Der Föderalismus lähmt uns, die Digitalisierung in Staat und Verwaltung voranzutreiben. Gerade jetzt in der Pandemie sind Schnelligkeit und Innovationsgeist statt Bedenkenträgertum gefragt.“ Es sei ein umfassender Mentalitätswandel nötig: „Schnelligkeit und Pragmatismus müssen die neuen Maximen staatlichen Handelns sein.“
In der sehr dynamischen Wirtschaftswelt und im zunehmend globalen Wettbewerb beruhe die Stärke eines Standortes nicht zuletzt auf der Geschwindigkeit und Qualität von Behörden und deren Verfahren, so der BDI. „Multinationale Unternehmen und insbesondere mittelständische Familienbetriebe leiden unter zunehmenden bürokratischen Anforderungen, die personelle und finanzielle Kapazitäten kostenintensiv binden.“
(tiw)