Digitalisierung in Europa: Deutschland nur auf Platz 21
Die EU hat in einer groß angelegten Studie den Digitalisierungsgrad der Behörden in 35 europäischen Ländern untersucht und daraus Empfehlungen abgeleitet.
Die Europäische Kommission hat in ihrem eGovernment Benchmark 2022 den Digitalisierungsgrad der Behörden in den 27 EU-Mitgliedsstaaten sowie Island, Norwegen, der Schweiz, Albanien, Montenegro, Nordmazedonien, Serbien und der Türkei untersucht. Dazu haben Bürger aus diesen Ländern versucht, in ihrem Land den Behördenkram rund um neun Lebensereignisse per Internet zu absolvieren. Sie besuchten und bewerteten dazu über 14.000 Behörden-Websites in den 35 Ländern.
Die Lebensereignisse stammten aus den Bereichen Unternehmensgründung, Gesundheit, Karriere, Familie, Schule und Studium, normale Geschäftstätigkeit, Gesundheit, Umzug, Stellen eines Antrags und Transport. Dazu gehörten jeweils das Finden relevanter Informationen (im Gesundheitsbereich etwa die Suche nach einem Arzt oder Krankenhaus), Interaktionen (elektronische Sprechstunde, Ausstellen eine E-Rezepts) und ein Portal, das behördenübegreifend Informationen und Dienste rund um dieses Ereignis anbietet. Unterschieden wurde zudem zwischen einem Bürger, der die Dienste im eigenen Land nachfragt, und einer Inanspruchnahme in einem anderen EU-Land.
Was macht gutes eGovernment aus?
Die Qualität der Dienste wurde nach vier Dimensionen bewertet: Nutzerzentrierung (inwieweit sind Informationen und Dienste online und auch für Mobilgeräte verfügbar), Transparenz der Dienste und ihres Umgangs mit persönlichen Daten, Existenz von Key Enablern (eID, elekronische Dokumente, digitale Post, Sicherheit) sowie grenzüberschreitende Dienste.
Die betrachteten 35 Länder kommen auf einen Durchschnittswert bei der Behördendigitalisierung von 68 Prozent. Deutschland belegt mit einem Wert von 63 Prozent lediglich Rang 21. Insgesamt zeigt sich deutliches Nord-West-Süd-Ost-Gefälle: Skandinavien, die westeuropäischen Länder und die baltischen Staaten stehen mit Werten über 70 Prozent gut da, die schlechtesten Werte finden sich in den südosteuropäischen Staaten. Die Spitzenreiter bei der Behördendigitalisierung sind Malta (96 Prozent) und Estland (90 Prozent). Es folgen mit Werten zwischen 87 und 83 Prozent Luxemburg, Island, die Niederlande, Dänemark und Litauen.
Was geht und was nicht
Bei der Nutzerzentrierung bewertet es die Studie als vielversprechend, dass EU-weit 81 Prozent der Behördendienste online verfügbar sind. 92 Prozent der Websites funktionieren auch auf Mobilgeräten. Allerdings erläutern nur 58 Prozent der Behörden-Websites, welche persönlichen Daten sie nutzen. Zwei Drittel aller Dienste lassen sich mit einem elektronischen Ausweis (eID) nutzen. Allerdings akzeptieren drei Viertel der Dienste nur die eID des eigenen Landes, was die grenzüberschreitende Nutzung schwierig macht. Insgesamt lassen sich knapp die Hälfte der Angebote auch aus einem anderen Land nutzen.
Die Coronavirus-Pandemie, fasst der Bericht zusammen, hat die Digitalisierung der Behörden in Europa weiter vorangetrieben. Die Studie benennt drei Herausforderungen für die weitere Digitalisierung: Die Nutzerzentrierung muss besser werden – mehr elektronische Behördendienste müssen für mehr Nutzer, auch solche mit geringen digitalen Kompetenzen oder Menschen mit Behinderungen, verfügbar werden. Außerdem braucht es Portale, die sich an Lebensereignissen orientieren und die Dienste verschiedener Behörden an einer Stelle zusammenbringen. Schließlich muss die Interoperabilität zwischen verschiedenen Regierungsebenen und Behörden durch Datenaustausch und eine übergreifende elektronische Identität verbessert werden.
Quelle: eGovernment Benchmark 2022
(odi)