E-Books zwischen allen Stühlen

Sony und Amazon bringen 2009 auch in Deutschland Lesegeräte für digitale Bücher auf den Markt. Doch darauf ist die Branche noch kaum vorbereitet.

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Schon seit rund zehn Jahren versuchen zahlreiche kleinere und größere Hersteller, elektronische Bücher in den Markt zu drücken. Doch bislang hält sich die Kundschaft zurück – zu schlecht bedien- und ablesbar waren die E-Book-Lesegeräte. Das heißt nicht, dass der Markt für digitalen Lesestoff insgesamt unterentwickelt wäre: Vor allem Fachliteratur besorgen sich Nutzer zunehmend über Internet-Portale, weil das dort vergleichsweise bequem und kostengünstig zu erledigen ist. Gelesen werden die Titel dann aber zumeist nicht auf speziellen Lesegeräten, sondern direkt am Laptop oder am Desktop-PC.

Spätestens ab nächstes Jahr soll sich das nun ändern: Sowohl der E-Commerce-Riese Amazon als auch der Elektronikkonzern Sony haben für den deutschen Markt Maschinen angekündigt, die dem Lesegenuss des "analogen" Buches schon recht nahe kommen. So genannte E-Ink-Bildschirme, die an bedrucktes Zeitungspapier erinnern und ein scharfes Schriftbild bei minimalem Stromverbrauch bieten, sollen die Buch-Revolution vom Analogen ins Digitale vorantreiben.

Auch auf Produzentenseite scheinen die Zeichen nun auf Grün zu stehen, nachdem man sich auf einheitliche Formate einigen konnte – Sony nutzt "epub", das auch erstmals kopiergeschützte PDFs unterstützt, während Amazon als größter Online-Buchhändler seine eigene "AZW"-Technik durchsetzen konnte. "Die Verlage haben schon öfter über E-Books gesprochen. Wir denken, dass es einfach seine Zeit gebraucht hat, aber die Zeit ist jetzt da – mit Geräten, mit Content, mit Kunden, die auch soweit sind", meint Miriam Hofheinz, Produktmanagerin Downloads beim Online-Buchhändler Libri.de, gegenüber dem Technologiemagazin Technology Review. Libri.de will Sonys E-Book-Reader PRS-505 ab 2009 mit Lesestoff versorgen.

Schlechter vorbereitet auf die Veränderungen scheint allerdings der Buchhandel zu sein. Stephan Jaenicke, Vorstandsmitglied des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, glaubt zwar, dass E-Books anfangs vor allem von einem "exklusiven Nutzerkreis" verwendet würden. Mittelfristig jedoch könnten sie sicher signifikante Marktanteile erobern, sagte er dem Fachblatt Der Handel. In ferner Zukunft würde damit das gedruckte Buch zu einem exklusiven Gut für Marktnischen, während das Massengeschäft digital abgewickelt wird – die Verlage sparen sich damit Druck- und Vertriebskosten, die heute große Summen ausmachen. Die großen Buchhandelsketten reagieren unterschiedlich auf die E-Book-Herausforderung. Während Thalia zusammen mit Libri.de Sonys Reader vertreiben will, hat sich der Konkurrent Hugendubel noch zu keiner E-Book-Strategie durchgerungen und beobachtet lieber.

Vertreter des Handels befürchten auch, dass das Geschäft mit den E-Books zu großen Internet-Anbietern abwandern könnte. Neben Amazon ist das auch der Suchkonzern Google, der derzeit massive Buchbestände digitalisiert. Kleinverlage wiederum fürchten, von den großen Plattformen überrollt zu werden. Unter dem Arbeitstitel "Independent E-Book Store" arbeiten derzeit Vertreter von 15 unabhängigen Häusern, darunter auch das erfolgreiche Münchner Label "Blumenbar", an einem gemeinsamen Vertrieb im Netz. Bernhard von Guretzky, der das Projekt koordiniert, hofft auf einen Betatest zur Leipziger Buchmesse im März, will anfangs mit 15 bis 20 Top-Büchern pro Verlag starten. Der Preis soll dabei günstiger sein als beim Printbuch, ein Kopierschutz soll im Gegensatz zu Großverlagen erst gar nicht genutzt werden, es soll DRM-freie Bücher im "epub"-Format geben.

Anderen gilt die Preisgestaltung bei elektronischen Büchern als noch keineswegs festgezurrt. Der Börsenverein setzt sich für eine Buchpreisbindung für E-Books ein. Der Trend geht allerdings in eine andere Richtung: So verkauft Amazon Bücher für seinen E-Book-Reader "Kindle" in den USA standardmäßig für knapp 10 Dollar, was von den Kunden gut angenommen zu werden scheint – das Gerät ist im Weihnachtsgeschäft ausverkauft. (Ben Schwan) / (anw)