Nach E-Rezept: "E-Patientenakte für alle" nächste Hürde

Zwar ist beim E-Rezept noch immer Luft nach oben, sind sich Experten einig, doch weiter geht es mit der elektronischen Patientenakte.

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Frau kauft Medikamente online und sitzt dafür am Laptop. In der Hand hält sie eine leere Packung; das Medikament möchte sie wohl in einer Versandapotheke nachbestellen.

E-Rezepte können auch richtig digital eingelöst werden.

(Bild: Image Point Fr/Shutterstock.com)

Lesezeit: 4 Min.
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Das E-Rezept ist in der Realität angekommen. Ab Anfang 2024 sind nicht nur Apotheken, sondern auch alle Vertragsärzte zum E-Rezept verpflichtet. Aus verschiedenen Gründen kam es jedoch zu einem holprigen Start, der von einigen Betroffenen als Zumutung bezeichnet wurde. Einige sich in dieser Zeit gebildeten Initiativen hätten laut dem Unterabteilungsleiter für Gematik, E-Health und Telematikinfrastruktur vom Bundesgesundheitsministerium (BMG), Sebastian Zilch, sogar die "absurde" Forderung gestellt, "zurück zum Papier" zu gehen.

Der Start des E-Rezepts wurde bereits 2021 gefeiert, mit vier ausgestellten Exemplaren. Inzwischen sind im gesamten Zeitraum mehr als 220 Millionen E-Rezepte für verschreibungspflichtige Arzneimittel ausgestellt worden, der Großteil in diesem Jahr. In Zukunft sollen weitere Rezeptarten, etwa für Betäubungsmittel, hinzukommen, außerdem soll die Pflege angeschlossen werden. Darüber sprachen die Teilnehmer des fünften und letzten E-Rezept-Summits, der unter anderem von der Gesundheitsindustrie und den Krankenkassen unterstützt wurde.

Insgesamt läuft es besser, sind sich die Experten einig. Mit dem E-Rezept soll sich die Versorgungsqualität und Arzneimittelsicherheit verbessern, Wirtschaftlichkeit und Effizienz spielen allerdings auch eine Rolle. "Man muss eben nicht mehr kiloweise Papier von A nach B schieben", erklärt Zilch in Bezug auf das E-Rezept und weitere Anwendungen der Telematikinfrastruktur. Überdies müsse nicht Tage gewartet werden, bis für die Versorgung notwendige Informationen bei den Beteiligten angekommen sind.

Beim E-Rezept wurden nicht alle Teilkomponenten bedacht, räumte Zilch ein. Bei der Pflege ist es so, dass elektronische Gesundheitskarten teilweise durch die Gegend gefahren werden müssen, weil Ärzte in der Regel keine Erlaubnis haben, den für das Einlösen des E-Rezepts notwendigen Token direkt an die Apotheken zu übermitteln. Der Großteil der Pflegeeinrichtungen ist nicht an die Telematikinfrastruktur angebunden, die für den Austausch von Patientendaten gedacht ist. Ab 2025 ist die Pflege auch zu einem TI-Anschluss verpflichtet, dann soll sich das auch ändern.

Ein Meilenstein für das E-Rezept lag in dem von Ärzten hartnäckig geforderten Einlöseweg über die elektronische Gesundheitskarte. Online-Apotheken feierten kürzlich den Start des Cardlink-Verfahrens und werben seitdem stark für das Einlösen von E-Rezepten in ihren Shops. Darüber werden die meisten E-Rezepte eingelöst, über die E-Rezept-App der für die Digitalisierung des Gesundheitswesens zuständigen Gematik hingegen die wenigsten.

Derzeit integrieren die Krankenkassen eine Funktion für das E-Rezept in ihre App für die elektronische Patientenakte, die Techniker Krankenkasse machte den Anfang, dicht gefolgt von der AOK. Über die für diese und weitere TI-Anwendungen notwendigen digitalen Identitäten wissen viele Ärzte noch nicht Bescheid, erklärte Nicole Löhr, Vorständin der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen. Nach dem E-Rezept ist mit dem elektronischen Arztbrief eine weitere Pflicht für Ärzte hinzugekommen.

Die mit dem Start der Telematikinfrastruktur aufgekommenen Pflichten stellen für Ärzte teils große Herausforderungen dar. Dabei hat sich das Gesundheitsministerium bei der "digitalen Transformation des Gesundheitswesens" viel vorgenommen. Man müsse Prozesse digital denken. Immer wieder gab es die Kritik, dass PDFs nur elektrifiziert würden und auch die für 2025 geplante elektronische Patientenakte für alle wird zunächst mit PDF-Dateien befüllt. Mit der Integration der E-Rezept-Funktion in die Apps der Krankenkassen hofft Zilch auf weitere "volldigital" eingelöste E-Rezepte.

Für die breitere Akzeptanz der Bevölkerung soll auch der Zugang zu digitalen Gesundheitsangeboten immer niedrigschwelliger werden. Dabei verspricht Zilch "trotzdem die Datensicherheit im Auge [zu] behalten" – denn niemand wolle, "dass seine Daten irgendwohin verschwinden". Die Gematik soll für eine beschleunigte Digitalisierung des Gesundheitswesens zur "Digitalagentur Gesundheit" ausgebaut werden und ein Mandat für Störungsfälle und Interoperabilität erhalten und dazu unter anderem Software-Hersteller sanktionieren dürfen. "Es schmerzt jedes Mal, wenn eine Frist verschoben werden muss", sagte Zilch.

Die privaten Krankenkassen beobachten die Entwicklungen bei der Gesundheitsdigitalisierung weiterhin, erklärte der Geschäftsführer des Verbands der privaten Krankenversicherungen, Christian Hälker. Erste private Krankenversicherungen sind bereits E-Rezept-fähig, ein Mehrwert sei zu erkennen. Bei der elektronischen Patientenakte sei dieser Hälker zufolge aktuell nicht zu erkennen. Man habe die Versionen allerdings im Auge. "Irgendwann steigen wir ein".

(mack)