EMI zieht gegen Online-Musikanbieter vor Gericht

Der Plattenkonzern EMI verklagt MP3tunes, den Anbieter eines digitalen Online-Schließfachs für Musikstücke. Der Vorwurf: Die Website verbreite unerlaubt Titel von EMI-Künstlern.

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Von
  • Gerald Himmelein

Mehrere Labels des Plattenkonzerns EMI haben gestern in New York eine Klage gegen MP3tunes und Sideload eingereicht. Der Klageschrift zufolge ermöglichen die beiden Websites illegale Musik-Downloads. Darunter gehören auch Werke von Künstlern, die bei EMI unter Vertrag stehen. EMI behauptet, MP3tunes füge den Künstlern unersetzlichen Schaden zu, da der Dienst legale Musikverkäufe untergrabe.

Auf den ersten Blick sehen die verklagten Websites recht harmlos aus. MP3tunes bietet ein virtuelles Schließfach an, in dem Anwender ihre legal gekauften Musiktitel online speichern können. Vorteil dieses dezentralen Backups soll sein, dass damit Festplatten-Crashs ihren Schrecken verlören und man von jedem beliebigen Ort aus auf seine Musiksammlung zugreifen kann -- Internet-Verbindung vorausgesetzt. EMI sieht in diesem Schließfach eine Methode zur Verbreitung illegaler Musikkopien.

Zur Automatisierung der Backups bietet MP3tunes ein Programm namens "LockerSync" für Windows, MacOS und Linux an, das gekaufte Musik automatisch in den "Music Locker" kopiert. Bei der kostenlosen Version funktioniert dies nur mit DRM-freien Audiodateien, wie sie unter anderem von Amazon.com und iTunes angeboten werden. Die werbefreie Premium-Version speichert auch DRM-geschützte Titel – dafür werden aber jährlich 40 US-Dollar fällig.

Auch sonst sieht MP3tunes über jeden Verdacht erhaben aus, illegale Inhalte bereitzustellen: Die Website betreibt sogar einen eigenen Online-Musikladen, in dem vor allem weniger bekannte Künstler ihre Stücke im MP3-Format zum Kauf anbieten.

Parallel dazu betreibt MP3tunes jedoch eine zweite Website namens Sideload, die Links für kostenlose Musik-Downloads aus dem Internet anzeigt. Darunter befinden sich mitunter auch Titel, die eigentlich nicht kostenlos verbreitet werden dürfen. Für diese Situation weist Sideload jedoch jegliche Verantwortung von sich: Die Website bezieht alle URLs aus der Datenbank des Schwesterunternehmens. Lädt ein MP3-tunes-Anwender ein Musikstück aus dem Internet in sein digitales Schließfach, übernimmt Sideload diesen Titel automatisch in seine Hitparade.

MP3tunes hat seinerseits im September eine Klage gegen die Musikindustrie eingereicht: Das Gericht in San Diego, Kalifornien, solle feststellen, dass sich MP3tunes rechtskonform verhält. EMI möge seine Ansprüche doch bitteschön im Rahmen des Digital Millennium Copyright Acts einreichen – wie in der FAQ der Website beschrieben. Sideload sieht sein Angebot als reine Suchmaschine, die keine eigenen Inhalte bereitstelle.

MP3tunes ist ein Projekt von Michael Robertson, dem Gründer von MP3.com und Mitgründer von Linspire. Robertson musste erst im September ein anderes seiner Projekte schließen: Das erst im April ins Leben gerufene Musikangebot AnywhereMP3.com scheiterte an fehlender Unterstützung durch die Plattenindustrie. (ghi)