EU-Energieminister wollen Zufallsgewinne abschöpfen und Strom sparen
Die Energieminister im EU-Rat haben sich auf eine Verordnung geeinigt, mit der die Strom- und Gaskosten der Bürger gedämpft werden sollen.
In der EU sollen künftig Zufallsgewinne am Strommarkt abgeschöpft werden. Die sich daraus ergebenden Einnahmen werden an die Verbraucherinnen und Verbraucher weitergegeben. Zudem haben sich die Energieminister der EU auf ihrem Treffen am Freitag auf Stromsparziele geeinigt.
Die nun beschlossene Verordnung enthält obendrein eine Solidarabgabe, die Unternehmen aus den fossilen Bereichen Erdöl, Erdgas, Kohle und Raffinerie abführen sollen. Die Notfallvorkehrungen dienten vor allem dazu, die Strom- und Gaspreise einzudämmen, erläutert das Bundeswirtschaftsministerium.
Die im EU-Rat versammelten Minister der Mitgliedsländer stimmten einem freiwilligen Gesamtreduktionsziel von 10 Prozent des Bruttostromverbrauchs und einem verpflichtenden Reduktionsziel von 5 Prozent des Stromverbrauchs in Spitzenzeiten zu, geht aus einer Mitteilung hervor.
Obergrenze 180 Euro/MWh
Stromerzeuger und Vermittler sollen künftig nicht mehr als 180 Euro/MWh für sich behalten können. Stromerzeuger, die erneuerbare Energien, Kernenergie und Braunkohle verwenden, hätten in den vergangenen Monaten unerwartet große Gewinne erzielt, ohne dass ihre Betriebskosten gestiegen seien, schreibt der EU-Rat. Ursache ist die Rolle von Kohle und Gas, die für den Strompreis maßgebend sind und ihn in die Höhe getrieben haben.
Die EU-Staaten können selbst bestimmen, wie sie die Einnahmen aus der Gewinnabschöpfung verwenden und an die Strom-Endkunden weiterleiten. Auch können die Länder eigenständig eine höhere Grenze festlegen, zwischen Stromerzeugungs-Techniken unterscheiden und weitere Unternehmen wie Händler hinzunehmen.
Unternehmen, die ihre Gewinne mit fossilen Energien erzielen, sollen einen Solidarbeitrag zahlen, der auf Basis ihres Gewinns berechnet werden soll. Der Solidaritätsbeitrag wird zusätzlich zu den regulären Steuern und Abgaben der jeweiligen EU-Länder erhoben.
Die Verordnung soll Anfang Oktober formell schriftlich angenommen werden. Es wird dann im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt am nächsten Tag in Kraft. Sie soll vom 1. Dezember 2022 bis zum 31. Dezember 2023 gelten. Die Reduktionsziele des Energieverbrauchs gelten bis zum 31. März 2023. Die obligatorische Obergrenze für die Markteinnahmen gilt bis zum 30. Juni 2023.
So reagiert die Energiewirtschaft
Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft appelliert in einer Stellungnahme an die Politik, weiterhin alternativ zur Erlösabschöpfung ein Steuermodell zu diskutieren. "Es ist zu befürchten, dass Stromerzeuger auf abgesicherte langfristige Verträge verzichten und sich nur noch auf den Spotmarkt konzentrieren werden", sagt Kerstin Andreae, Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Lobbyverbandes. In der Folge würden dann gut kalkulierbare Festpreisverträge kaum noch angeboten.
Ferner befürchtet die Energiewirtschaft, dass die Bürokratie steigen könnte. Die EU-Energieminister hätten die Ausgestaltung auf die Mitgliedsstaaten verlagert. Es dürfe keine Gefährdung der Rückkehr zur Steinkohle und des Wechsels auf Heizöl geben. Auch dürfe die Maßnahme keinesfalls rückwirkend eingeführt werden.
Wenn die Erlösobergrenze dafür führe, dass die Erzeugungskapazitäten verknappt werden, würde das den Strompreis weiter nach oben treiben, meint der Verband. Der Fokus müsse auf der sofortigen Mobilisierung von zusätzlichem Strom aus erneuerbaren Energien liegen. Hierfür sei eine Investitionsoffensive nötig. (anw)