EU-Kommission: Niederösterreichische Mobilfunksteuer ist rechtswidrig

Österreichische Politiker der ÖVP bezeichneten die Kritik der EU an Sondersteuern auf Mobilfunk-Sendeanlagen als "bürgerfern".

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Nach Ansicht der EU-Kommission ist die vom niederösterreichischen Landtag beschlossene Sendeanlagenabgabe europarechtswidrig. In einem Brief hat Viviane Reding, Kommissarin für die Informationsgesellschaft und Medien, dem österreichischen Vizekanzler Hubert Gorbach (BZÖ) für sein Engagement gegen die Mobilfunksteuer gedankt und ihm Unterstützung zugesichert: "Das geplante Vorhaben steht in Gegensatz zu meinen Bemühungen um mehr Wachstum, Innovation und Wettbewerb auf europäischer Ebene", heißt es darin. Mobile Kommunikation habe maßgeblich zum wirtschaftlichen Fortschritt beigetragen.

"Zudem befürchte ich, dass die anvisierte Abgabe insbesondere die Wettbewerbssituation kleinerer und alternativer Betreiber nachteilig beeinflussen wird", schreibt Reding weiter. "Ein Mangel an Wettbewerbsfähigkeit dürfte sich jedoch abträglich auf Investitionen und Innovation auswirken, was (...) besonders für die Verbraucher ungünstig wäre." Redings Sprecher Martin Selmayr betonte gegenüber heise online, dass die EU-Kommission auf ein Umdenken innerhalb Österreichs hoffe. Die neue Abgabe widerspreche offensichtlich mehreren EU-Richtlinien. Dies geht übrigens auch aus einem Gutachten der Regulierungsbehörde hervor.

Die österreichische Bundesregierung könnte beim Sommerministerrat am kommenden Dienstag einen formellen Einspruch gegen das Landesgesetz beschließen. Allerdings ist offen, ob der dafür notwendige einstimmige Beschluss zu Stande kommt. Die Mehrzahl der Bundesminister gehört der ÖVP an, die in Niederösterreich über eine absolute Mehrheit verfügt. Klaus Schneeberger, Klubobmann (Fraktionsvorsitzender) der ÖVP im Landtag, bezeichnete die Kritik der EU-Kommission in einer Reaktion als "bürgerfern". Er erwarte, dass die Steuer qualititav bessere und billigere Netze mit weniger Sendestationen bewirke.

Ein ähnlicher Fall in Belgien, wo zwei Gemeinden seit 1998 -- deutlich niedrigere als die österreichischen -- Steuern auf Mobilfunk-Infrastruktur einzuheben versuchen, wird voraussichtlich in diesem Jahr vom europäischen Gerichtshof (EuGH) entschieden. Dem erfolgten Plädoyer des Generalanwalts, der die belgische Abgabe als europarechtswidrig einstuft, dürfte ihre Aufhebung durch den EuGH folgen. Damit würde die Rechtsansicht der Kommission auch im Fall Niederösterreich bekräftigt, meint Selmayr. Sollte das Landesgesetz dennoch in Kraft treten, werde die EU-Kommission zunächst einen Mahnbrief an Österreich versenden. Bei Fortbestand der Steuer wäre ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich vor dem EuGH die wahrscheinliche Folge.

Der UMTS-Netzbetreiber 3 hat angekündigt, im Falle des Wirksamwerdens der unvorhergesehenen Belastung den Betrieb in Österreich einzustellen -- 450 Beschäftigte würden arbeitslos. Auch die tele.ring-Belegschaft sieht in der Mobilfunksteuer einen wesentlichen Grund für die aktuelle Gefährdung ihrer Arbeitsplätze. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)