EU-Parlament: Ă„nderung des ungarischen Mediengesetzes unzureichend
Die europäischen Abgeordneten haben eine Entschließung verabschiedet, in der sie eine weitere Überprüfung des ungarischen Mediengesetzes fordern. Die Unabhängigkeit der Medienverwaltung sei zu gewährleisten.
Das EU-Parlament hat eine Entschließung verabschiedet, in der es eine weitere Überprüfung des ungarischen Mediengesetzes trotz der bereits erfolgten Nachbesserung fordert. Die Abgeordneten rufen mit der Resolution die ungarischen Staatsorgane auf, das umstrittene Normenwerk noch einmal genau auf seine Auswirkungen hin zu begutachten. Sollte sich herausstellen, dass es unvereinbar "mit dem Buchstaben oder dem Geist der Verträge" oder dem EU-Recht einschließlich der Charta der Grundrechte sei, müsse das Gesetz ganz oder teilweise aufgehoben oder nicht angewendet werden.
316 Volksvertreter stimmten für die Entschließung, die auf Anträge der Sozialdemokraten, der Liberalen, der Grünen und der Linken zurückgeht. 264 votierten dagegen, 33 enthielten sich. Die Europäische Volkspartei (EVP) hatte zunächst einen eigenen Resolutionstext eingebracht, in der die Änderungen des ungarischen Parlaments vom Montag begrüßt werden sollten. Die Konservativen zogen ihren Antrag aber vor der Abstimmung wieder zurück.
Mit dem Beschluss ergeht an Ungarn auch der Appell, "die Unabhängigkeit der Medienverwaltung wiederherzustellen" sowie "die Einmischung des Staates in die Freiheit der Meinungsäußerung und die ausgewogene Berichterstattung in den Medien einzustellen". Die Abgeordneten vertreten ferner die Ansicht, "dass eine Überregulierung der Medien kontraproduktiv ist und den effektiven Pluralismus im öffentlichen Raum gefährdet". Sie begrüßen zwar die Initiative der EU-Kommission, auf Klarstellungen zu dem ungarischen Gesetz zu bestehen. Dabei habe sich die Brüsseler Regierungsinstitution aber nur auf drei Punkte konzentriert, was nicht ausreiche. Sie müsse daher noch dieses Jahr einen Entwurf für eine EU-Richtlinie zu Medienfreiheit, Medienpluralismus und unabhängiger Medienverwaltung vorlegen.
Der sozialdemokratische Fraktionsvize Hannes Swoboda zeigte sind nach dem Votum "schockiert darüber, zu sehen, wie die Kommission als Hüterin der Verträge sich verzweifelt durchschwindelt". Rebecca Harms, Ko-Fraktionschefin der Grünen im EU-Parlament, lobte, dass die Bürgervertretung "ein starkes Bekenntnis zu Meinungsvielfalt und Pressefreiheit abgelegt" habe. Das neue Mediengesetz in Ungarn sei "eine ernste Bedrohung der Pressefreiheit". Als "armselig" bezeichnete sie es daher, "dass die EU-Kommission sich mit den Änderungen durch die ungarische Regierung zufrieden gibt." Die Probleme des Gesetzes blieben davon unberührt. Vor allem rüttelten sie nicht an der politischen Kontrollbefugnisse der "übermächtigen" Medienaufsichtsbehörde. Harms Kollege Daniel Cohn-Bendit ergänzte, dass die EU-Gremien gemeinsam auf eine "komplette Überarbeitung" drängen müssten.
Der Streit um die ungarische Medienregulierung belastet die zum Jahresanfang angelaufene EU-Ratspräsidentschaft des Donaulandes. Mit den gerade vorgenommenen Korrekturen werden On-Demand-Dienste im Internet nicht mehr zu journalistischer "Ausgewogenheit" verpflichtet, sondern nur noch die allgemein zugänglichen Medien. Weblogs fallen nicht mehr in den Geltungsbereich des Gesetzes. Medienanbieter müssen sich nicht mehr vor Beginn ihrer Niederlassung bei der Medienbehörde registrieren lassen, sondern erst 60 Tage nach Start ihrer Tätigkeit. Nicht zufrieden damit ist auch die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Das Normenwerk könne weiterhin für die Unterdrückung von Oppositionellen und unabhängigen Meinungen missbraucht werden, monierte die Vereinigung. (jk)