EU-Parlament torpediert den Superregulierer

Die zwei größten Fraktionen des EU-Parlaments wollen den Plänen der EU-Kommission, eine europäische Regulierungsbehörde einzurichten, nicht folgen und setzen stattdessen auf kooperative Regulierung mit den nationalen Behörden.

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Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Der Plan der EU-Kommission für eine europäische Regulierungsbehörde namens EECMA (European Electronic Communications Market Authority steht kurz vor dem Scheitern. Im EU-Parlament haben sich die beiden großen Fraktionen der sozialdemokratischen PSE und der konservativen PPE darauf verständigt, dem Vorschlag der Kommission nicht zu folgen. Ein Vetorecht der Kommission in Regulierungsfragen lehnen die Fraktionen ebenfalls ab. Dagegen soll mit BERT (Body of European Regulators in Telecommunications) ein unabhängiges Gremium der europäischen Regulierungsbehörden für Telekommunikation eingerichtet werden.

Die entscheidende Aussprache fand bereits Anfang Mai im zuständigen Industrieausschuss statt. Mit BERT befürworten die Fraktionen ein Gremium, das die bisherigen Kooperations- und Abstimmungsverfahren vereinfachen soll. Die EU-Kommission plädierte unter anderem für EECMA, nachdem die nationalen Regulierungsbemühungen in der Frage des Auslands-Roaming in Mobilfunknetzen gescheitert waren und eine Lösung erst auf Initiative der EU-Kommission herbeigeführt werden konnte. Da dies jedoch das einzige Beispiel für das Versagen der nationalen Regulierer war, konnte es die Parlamentarier nicht überzeugen.

Damit wird auch die geplante Eingliederung der EU-Sicherheitsbehörde ENISA in EECMA scheitern. Die Berichterstatterin Pilar del Castillo (PPE) will BERT auf der Grundlage von Artikel 95 EG-Vertrag im europäischen Recht verankern. Seine Arbeitsweise soll sich an der derzeitigen Gruppe Europäischer Regulierungsstellen (ERG) orientieren. Das Gremium würde als Berater der einzelnen nationalen Regulierer, aber auch der Kommission fungieren. Es würde gemeinsame Standpunkte zu Märkten weiterentwickeln sowie die Erfüllung der Aufgaben durch die nationalen Regulierer verbindlich überwachen. Außerdem soll es die Kommission bei der Auswahl der Unternehmen beraten können, denen europaweite Frequenz- und Nummernutzungsrechte erteilt werden sollen.

Berichterstatterin Catherine Trautmann (PSE) setzt sich für ein kooperatives Vorgehen von Kommission und nationalen Regulierern ein. Die Kommission solle "eher die Rolle eines Schlichters und Vermittlers als die eines Richters oder Maßreglers spielen". Sie schlägt deshalb vor, statt dem von der Kommission vorgeschlagenen Einspruchssystem ein Streitbeilegungsverfahren einzuführen. Insbesondere bei der "funktionalen Trennung" – etwa von Netzbetrieb und Produktbereich eines Anbieters – müssten sich Kommission und BERT einig sein, bevor die nationale Regulierungsbehörde Maßnahmen verhängen kann.

BERT soll sich aus Vertretern der nationalen Regulierungsbehörden zusammensetzen und unabhängig sein. Gleichwohl soll es Parlament und Kommission regelmäßig Bericht erstatten und dem Parlament auf Anfrage auch Stellungnahmen abgeben. Ein geschäftsführender Direktor soll einem etwa 30-köpfigen Büro vorstehen. Ein Drittel seines Budgets soll aus dem Gemeinschaftshaushalt kommen, zwei Drittel von den nationalen Regulierern. BERT soll außerdem nur eine Einrichtung auf Zeit sein. Wenn die Märkte auf eine Vorabregulierung (ex-Ante) verzichten können, wird BERT überflüssig. Die Schattenberichterstatterin der PSE, Erika Mann, schlägt vor, Anfang 2014 das System erneut zu überprüfen.

Die Positionen der beiden großen Parlamentsfraktionen können als Erfolg der deutschen Bundesnetzagentur gewertet werden, die federführend im Kampf gegen EECMA war. Annegret Gröbel, die für EU-weite Koordinierungsfragen zuständige Mitarbeiterin der Bundesnetzagentur, hatte zu einem sehr frühen Zeitpunkt vorgeschlagen, einen koordinierten Ansatz zu verfolgen, damit die nationalen Regulierer die EU-Vorgaben auf dieselbe Weise befolgen. (Christiane Schulzki-Haddouti) / (vbr)