EU-Regulierung: Ausnahmen für Open Source in Produkthaftungsrichtlinie

Open-Source-Verbände reagieren vorsichtig optimistisch auf die informelle Einigung von EU-Institutionen zur Produkthaftungsrichtlinie.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 22 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Keywan Tonekaboni

In der vergangenen Woche hatten sich EU-Kommission, EU-Parlament und EU-Ministerrat auf eine neue Produkthaftungsrichtlinie geeinigt. Zentral sind im Ergebnis niedrigere Hürden bei Entschädigungen, sollten Personen Schaden durch fehlerhafte Produkte erleiden. Im Vorfeld gab es Befürchtungen aus der Open-Source-Community, dass die Regeln der Product Liability Directive (PLD) auch für Open-Source-Projekte gelten und dies deren Entwicklung und Verbreitung in der EU behindert.

In der nun zwischen Unterhändler von Kommission, Mitgliedsstaten und EU-Parlament erzielten informellen Einigung sind Ausnahmen für Open-Source-Projekte enthalten, wie schon zuvor beim Cyber Resilience Act (CRA). Die Haftung gelte nicht für Open-Source-Software, die außerhalb einer kommerziellen Tätigkeit entwickelt oder bereitgestellt werden.

Die Free Software Foundation Europe (FSFE) begrüßte den Kompromiss grundsätzlich, will aber den finalen Text abwarten. Der entsteht jetzt in den sogenannten technischen Sitzungen auf Arbeitsebene. "Wir haben gesehen, wie schnell man dort mit gut gemeinten Formulierungen im schlimmsten Fall das Gegenteil erreicht", mahnte Alexander Sander von der FSFE gegenüber heise online.

Vor vorzeitigem Jubel warnt auch die Open Source Business Alliance (OSBA). Kritisch sieht man dort, dass für die Bewertung der kommerziellen Tätigkeit auch die Entwicklungsphase im PLD-Kompromiss erwähnt wird und nicht wie in der Einigung zum CRA die Verbreitung allein. "Das ist ein Punkt, den wir kritisch im Auge behalten werden", erklärte OSBA-Vorstandsvorsitzender Peter Ganten. Die Befürchtung ist, dass eine nicht ausreichend präzise Formulierung den Bereich der Produkthaftung zu sehr ausweitet.

Während unter anderem der tschechische EU-Abgeordnete Marcel Kolaja (Piraten) die Ausnahme für Open-Source-Software auf X/Twitter feierte, widersprach die portugiesische Abgeordnete Maria Manuel Leitão Marques (Sozialisten) ebendort und betonte, dass die Produkthaftungsrichtlinie selbstverständlich auch für Open-Source-Software gelte, wenn sie im Rahmen einer kommerziellen Aktivität verbreitet wird ("Free and open source software will be in the scope of the #PLD if it is supplied in the course of a commercial activity"). Das Ringen um die Auslegung des Kompromisses hat also begonnen.

Nachdem der Text der Direktive ausgearbeitet ist, müssen dieser endgültigen Fassung EU-Parlament und Rat noch formal zustimmen. Die Mitgliedsländer müssen dann binnen zwei Jahren die Richtlinie als nationales Gesetz umsetzen.

(ktn)