EU-Verbraucherschützer zeigen TikTok an wegen Schleichwerbung bei Kindern

15 Verbände haben bei der EU-Kommission Beschwerde gegen die Videoplattform eingelegt, da TikTok gegen EU-Verbraucherrechte verstoße und Minderjährige gefährde.

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(Bild: Primakov/Shutterstock.com)

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Von
  • Silke Hahn
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Der Europäische Verbraucherverband BEUC (Bureau Européen des Unions des Consommateurs), eine Dachorganisation von 44 europäischen Verbraucherschutzorganisationen, hat bei der EU-Kommission Beschwerde gegen TikTok eingereicht. Die bei Minderjährigen beliebte Plattform zum Teilen von Videos verstoße gegen europäisches Recht, indem sie Kinder Schleichwerbung sowie unangemessenen Inhalten aussetze. Verbände aus 15 Ländern hatten ihren Dachverband aufgerufen, gegen das Social-Media-Unternehmen vorzugehen.

Die erhobenen Vorwürfe sind schwerwiegend und umfassen Tatbestände wie Irreführung, Täuschung, Verstöße gegen Urheber- und Datenschutzrecht sowie gegen eine Reihe von EU-weit gültigen Kinderschutzgesetzen. Mit dem Vorstoß möchten die Verbraucherschützer nach eigenen Angaben eine umfassende Ermittlung durch die zuständigen Justizbehörden in Gang setzen und geltendes EU-Recht gegenüber TikTok durchsetzen. Ein europaweites Verbot der Plattform ist damit nicht angestrebt, es geht aber um die Kerninhalte der Plattform.

Monique Goyens, Director General des Verbraucherdachverbands BEUC, gibt zu bedenken, dass TikTok bei Kindern ausgesprochen beliebt sei, kritisiert aber, dass das Unternehmen den Kinderschutz außen vor lasse: "Wir wollen nicht, dass unsere Jüngsten eindringlicher Schleichwerbung ausgesetzt sind und ohne ihr Wissen zu Werbeflächen werden, während sie doch nur Spaß haben wollen", sagt die Verbraucherschützerin. Mit Spaß hat TikTok für manche der jungen Nutzerinnen und Nutzer jedoch mitunter nur wenig zu tun – so war im Januar 2021 ein zehnjähriges Mädchen vermutlich bei einer TikTok-Mutprobe ums Leben gekommen: Offenbar hatte sie versucht, bei einer sogenannten "Blackout Challenge" für ein Kurzvideo mitzumachen und sich dabei mit einem Gürtel erstickt. Seither haben Datenschutzbehörden sich mit zunehmender Vehemenz für Alterseinschränkungen bei TikTok ausgesprochen.

Verstöße sehen Monique Goyens und die von ihr vertretenen Verbände vor allem in vier Punkten: TikTok habe unfaire Geschäftsbedingungen (Terms of Service), die Nutzer benachteiligten und ihnen das Recht an ihren veröffentlichten Inhalten ohne Gegenleistung "unwiderruflich" entzögen, wie es in der im Internet veröffentlichten Stellungnahme heißt. TikTok bietet laut BEUC auch gezielt Marketingangebote an, in denen Kinder und Jugendliche versteckter Werbung ausgesetzt sind – oft setzen bekannte Influencer "gebrandete Challenges" in Gang, dabei verschleiere die Plattform die kommerziellen Absichten. Auch seien Kinder bei TikTok nicht geschützt vor anzüglichen, nicht jugendfreien Videos.

Den überwiegend minderjährigen Nutzern bietet TikTok virtuelle Münzen zum Kauf an, mit denen sie virtuelle Geschenke für von ihnen verehrte Prominente erwerben können (durch den Einsatz von echtem Geld). In der "Virtual Item Policy" seien unfaire Bedingungen und irreführende Klauseln enthalten. So könne das Unternehmen jederzeit den Wechselkurs für Transaktionen zu eigenen Gunsten manipulieren. Persönliche Daten sammele die Plattform auf intransparente Weise, die Hinweise zur Verarbeitung seien irreführend. In diesem Punkt ermitteln offenbar bereits einige nationale Datenschutzbehörden gegen die Betreiber der Videoplattform.

Wie dem Blogeintrag von "BEUC – The European Consumer Organisation" zu entnehmen ist, hat der deutsche Verbraucherverband vzbv nicht die deutschen Behörden eingeschaltet, sondern stattdessen TikTok juristisch verwarnt. An der formalen Beschwerde bei der EU-Kommission beteiligen sich Verbände aus Belgien, Zypern, der Tschechischen Republik, Dänemark, Frankreich, Deutschland, Griechenland, Italien, den Niederlanden, Norwegen, der Slowakei, Slowenien, Schweden, Spanien und der Schweiz.

(sih)