Einbruch bei Kryptobörse WazirX: Raten Sie, wer's zahlt!

235 Millionen gestohlene Dollar werden "fair und transparent vergesellschaftet", sagt WazirX. Die Kundenguthaben werden "ausbalanciert".​

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Zerbrechende Bitcoin-Münze

(Bild: maxtrks28/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Seit Mitte Juli zahlt WazirX, die größte Kryptowährungsbörse im bevölkerungsreichsten Land der Welt, Kundenguthaben nicht mehr aus. Denn Kriminelle – vermutlich Agenten Nordkoreas – haben WazirX um Kryptomünzen im Wert von rund 235 Millionen US-Dollar erleichtert. Das entspricht fast der Hälfte aller Kryptobestände der indischen Kryptobörse. Deren Management hat nun einen Plan ausgetüftelt. Raten Sie, wer für den Schaden aufkommen darf!

Richtig: die Kunden. Sie sollen in absehbarer Zeit 55 Prozent des Gegenwerts ihrer Kryptoeinlagen vom 21. Juli abheben dürfen (in Form eines noch zu bestimmenden Bündels diverser Kryptowährungen). Die übrigen 45 Prozent bleiben laut dem Plan eine Luftbuchung auf dem WazirX-Konto bis zu dem Tag, an dem WazirX die Beute zurückgeholt und andere Gläubiger (siehe unten) befriedigt hat. Für das Auffinden der Beute sind übrigens zehn Prozent Belohnung ausgelobt. Don't hold your breath, sagt man da auf Englisch. Die Beute ist längst durch den Kryptowäscher Tornado Cash geschleust worden.

Ganz im Sinne des für Kryptobörsen typischen Zockens stellen die Betreiber eine Alternative in Aussicht: Wer möchte, kann zur Gänze auf die Auszahlung verzichten und auf der Börse sogar mit seinen theoretischen Guthaben weiter Wetten abschließen. Im Gegenzug verspricht WazirX dieser Gruppe die bevorzugte Auszahlung der Guthaben, sollte die Beute je wieder auftauchen. Mit dieser Variante gehen die Kunden aber nicht nur das Risiko ein, ganz leer auszugehen, sondern auch, dass diese Form der Verteilung insolvenzrechtlich angreifbar sein könnte.

Freigeben möchte WazirX lediglich Guthaben in indischen Rupien. Diese sollen wieder zur Gänze behebbar sein. Von einem geordneten Insolvenzverfahren ist keine Rede. Die Betreiber der Kryptobörse üben sich vielmehr in Euphemismen wie "a fair and transparent socialized loss strategy" und Durchhalteparolen.

Sie betonen außerdem, dass niemand in die Börse selbst eingebrochen sei; vielmehr dürfte den Verantwortlichen eine Überweisung untergeschoben worden sein. Am Bildschirm wurden offenbar Überweisungen angezeigt, die WazirX tatsächlich durchführen wollte; tatsächlich seien aber ganz andere Transaktionen im System hinterlegt und dann von WazirX bestätigt worden. Gestohlen wurden Münzen unterschiedlicher Kryptowährungen; die größten Brocken entfallen auf Shiba Inu und Ethereum. Die Kunden sollen allerdings alle zum selben Prozentsatz zur Kasse gebeten werden, auch wenn sie nur Bestände ganz anderer Kryptowährungen haben, die von dem Diebstahl gar nicht betroffen sind.

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Wie viel Kryptogeld konkret geblieben ist, sagt WazirX nicht. Noch im Juni hat WazirX stolz verkündet, rund 504 Millionen USDT Reserven zu haben, was etwas mehr sei, als die Summe der Kundenguthaben. USDT sind Einheiten der US-Dollar-Variante der Tether-Stablecoin in ungefährer Parität zum US-Dollar. Damals konnten Interessierte jederzeit den Live-Status der WazirX-Reserven online einsehen. Seit dem Beutezug ist diese Webpage "für Wartungsarbeiten" offline.

(ds)