Eine Million nicht-englische com-Domains warten auf Standard

Noch einmal verschiebt Domainmarktführer VeriSign den Start der seit über einem Jahr angebotenen nicht-englischen Domains.

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Von
  • Monika Ermert

Noch einmal verschiebt Domainmarktführer VeriSign den Start der seit über einem Jahr angebotenen nicht-englischen Domains. Die für 15. Januar angekündigte "Phase drei", in der die knapp 1 Million verkauften chinesischen, arabischen oder sonstigen com-, net- und org-Domains ins Web gehen sollten, muss nach Aussage von VeriSigns Chefentwickler Scott Hollenbeck auf jeden Fall bis März verschoben werden.

"Die IETF-Arbeitsgruppe für Internationalisierte Domains hat bislang noch keinen endgültigen Standard vorgelegt, daher können wir nicht zum 15. Januar starten", so Hollenbeck. Er rechne bis März mit damit, dass die VeriSign-Adressen im Web verfügbar sein werden. Vorerst sind die Domains noch unter der Subdomain mltbd.com/net/org erreichbar, die Darstellung in den jeweils lokalen Zeichensätzen erfordert spezielle Decodierungs-Plugins.

Einer der beiden Chefs der IETF-Arbeitsgruppe, James Seng von i-DNS.net, gab sich gegenüber heise online zuversichtlich, dass man nach einer letzten Runde für Einsprüche den endgültigen Standardvorschlag zu einem letzten Check an die Internet Engineering Steering Group (IESG) senden werde. Danach werde die inzwischen favorisierte "Punycode"-Kodierung zum offiziellen Request for Comment. Punycode (auch AMC-ACE-Z) sorgt auf der Basis des Unicode-Inventars für die "Übersetzung" der nicht-ASCII-Zeichensätze in ASCII-Ketten. Die effektivere Ausnutzung der zur Verfügung stehenden 255 ASCII-Zeichen pro Domain - die künftig japanische Domains bis zu einer Länge von 18 Zeichen erlauben - gaben den Ausschlag für Punycode.

Für diejenigen, die sich bei VeriSign eingekauft haben, wird es dann noch einmal spannend. Die Registrierungen von VeriSign basieren auf einem Vorläufer von AMC-ACE-Z. Da sie VeriSign gegenüber aber prinzipiell nur Anspruch auf die mit RACE erzeugte ASCII-Zeichenkette haben, ist nicht sicher, ob sie die jeweiligen nicht-englischen Namen behalten können. So sieht www.gerhardschröder.com beispielsweise in der aktuell registrierten (RACE-)Form so aus: bq-abtwk4timfzgi43dnbzpmzdfoi.com. Punycode-kodiert aber braucht man eine ganz andere Domain, um unter der Kanzleradresse erreichbar zu sein: zq-gerhardschrder-5pb.com. Die bq-Adressen werden damit im Zweifel wertlos. VeriSigns Kritiker fordern bereits lautstark, dass der Ex-Monopolist keine Sonderrechte für die Migration erhalten dürfe.

"Wir müssen in der Tat ensprechend des geänderten Algorithmus und geänderter Vorschriften für die lokalen Zeichensätze einige Anpassungen in unserer Software vornehmen", erklärte dazu Hollenbeck. Obwohl man die Auswirkungen auf Registrare und Kunden so gering wie möglich zu halten verspricht, wird die Anpassung nicht ganz ohne Reibungsverluste erfolgen. "Wir erwarten nicht, dass es in großem Rahmen notwendig sein wird, dass die Kunden entsprechend der Änderungen der Standards neu registrieren," sagt Hollenbeck. Er räumt aber gleichzeitig ein, dass "eine kleine Zahl von Namen ungültig werden wird". Man werde darauf von Fall zu Fall reagieren. Geht es nach Hollenbeck, soll es im März endgültig soweit sein.

"Es würde einen nicht wundern, wenn sich das noch länger hinzieht", fürchtet dagegen Rainer Holler von der Cronon AG, einem von lediglich zwei Registraren in Deutschland, die sich an VeriSigns Test-Verkauf beteiligt haben. Die Nachfrage deutscher Kunden hält sich derzeit noch im Promillbereich, größeres Interesse bestehe aber in Osteuropa, so Holler. Allerdings meldete im vergangenen Jahr selbst die Denic die Eintragung von bq---Adressen unter .de. Wer noch spekulieren will, setzt in Zukunft dann wohl auf zq--. (Monika Ermert) / (anw)