Elefantenhochzeit BMG und Sony: Jawort aus BrĂĽssel erwartet
Gespannte Ruhe herrscht vor der erwarteten Genehmigung der Musikfusion Sony/BMG -- die Aufräumarbeiten haben aber bereits begonnen, was auch Deutschrocker wie Udo Lindenberg schon zu spüren bekamen.
Wenige Tage vor dem erwarteten grünen Licht von der EU-Kommission für die Fusion der Musikgiganten Sony und BMG herrscht gespannte Ruhe. Beide Konzerne halten sich mit Stellungnahmen zu dem Thema zurück. Schon befürchten Kritiker, dass nach einer monatelangen kartellrechtlichen Prüfung und dem voraussichtlichen Jawort der Brüsseler Wettbewerbshüter bei den Arbeitsplätzen kräftig gestrichen wird. 2000 Stellen -- das wäre ein Viertel der Belegschaft -- bei beiden Partnern seien betroffen, heißt es in einem Bericht der Financial Times vom Freitag. Von den Fusionspartnern bestätigte das niemand. Tatsache ist: 250 bis 300 Millionen Euro wollen Sony und BMG mit der Fusion pro Jahr sparen.
BMG hat in den eigenen Reihen bereits mit dem eisernen Besen gekehrt. Nach einer Neuaufteilung der Geschäftsbereiche und der Entlassung einst gefeierter Manager wie Deutschland-Chef Thomas Stein und Arista-Boss Antonio "L.A." Reid gab die Plattenfirma auch manch erfolglosen Stars und Sternchen den Laufpass.In Deutschland etwa sind schnell vergängliche Pop-Eintagsfliegen betroffen. Aber auch musikalisches Urgestein, darunter "Panik"-Rocker Udo Lindenberg. "Wir mussten unsere Kartei bereinigen", sagt Steins Nachfolger Maarten Steinkamp.
Die Brüsseler Wettbewerbshüter machen es sich nicht leicht, grünes Licht für die in der Branche umstrittene Elefantenhochzeit zu geben. Mit der Ehe Sony/BMG würde zumindest das zweitgrößte Plattenunternehmen der Welt entstehen, je nach Marktverlauf könnte sogar Universal Music von der Spitze verdrängt werden. Der Weltmarktanteil pendelt um 25 Prozent. Vor allem die im Verband Impala zusammengeschlossenen unabhängigen Musikverlage schäumen ob der sich abzeichnenden rasanten Marktkonzentration.
So hatten die Kartellwächter in einem 60 Seiten starken Papier Einwände formuliert, die vor allem die Preispolitik der dann künftig nur noch großen Vier betrafen -- neben Sony/BMG und Universal sind dies EMI und Warner Music. Stillschweigende Preisabsprachen würden leichter, die Interessen der Verbraucher seien nicht mehr gewahrt. Prompt überraschte BMG noch vor der für kommenden Dienstag erwarteten Bekanntgabe der Brüsseler Entscheidung mit einer neuen Billig-CD. Für 9,99 Euro können Kunden künftig eine abgespeckte CD-Version kaufen, ohne Folder und mit dem Titel direkt auf die Plexiglas-Hülle gedruckt.
Mit dem Coup hatten die Strategen um BMG-Chef Rolf Schmidt-Holtz im Bertelsmann-Hochhaus am New Yorker Time Square nicht nur die Wettbewerbshüter im Visier. Brennen von Musikaufnahmen, illegales Kopieren und Downloads aus dem Internet meint die Musikindustrie bereits seit Jahren als größten Feind ausgemacht zu haben. Allein im vergangenen Jahr sind die Gesamtumsätze nochmals um 7,6 Prozent auf 32 Milliarden US-Dollar zurückgegangen -- die Branche macht nicht etwa die eigene Strategie bei Künstlern und Vertrieb, sondern vor allem CD-Brenner und Internet-Tauschbörsen dafür verantwortlich. "In Deutschland wird mehr Musik kopiert und heruntergeladen als verkauft", beklagt Schmidt-Holtz seit längerer Zeit. Apple feiert derweil seinen eigenen Online-Musikshop iTunes Music Store als rauschenden Erfolg -- eigentlich eine Blamage für die Musikindustrie, die das Geschäft aus Angst vor den Tauschbörsen verpennt hat. (Michael Donhauser, dpa) / (jk)