„Emissionsfreies Stahlwerk ist möglich“

Nach wie vor kämpfen deutsche Industrieunternehmen gegen schärfere Klimaauflagen. Nun wagt sich ThyssenKrupp mit einem einfallsreicheren Ansatz vor: Es will die Emissionen in wertvolle Chemikalien verwandeln.

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„Emissionsfreies Stahlwerk ist möglich“
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Von
  • Robert Thielicke

Der Technologiekonzern will die Emissionen seiner Stahlwerke, die sogenannten Hüttengase, zu Produkten für die chemische Industrie verwandeln. „Ein nahezu emissionsfreies Stahlwerk wäre möglich“, versichert Reinhold Achatz, Forschungsleiter bei ThyssenKrupp, im Interview in der Juni-Ausgabe der Technology Review (am Kiosk erhältlich oder online bestellbar). Die dauernde Blockadehaltung vieler Unternehmen gegenüber schärferen Klimaauflagen sieht er als "einen Fehler".

Reinhold Achatz, 60, leitete mehr als acht Jahre die Forschungsaktivitäten von Siemens. 2012 dann wechselte der Elektroingenieur als Leiter Corporate Technology zu ThyssenKrupp.

(Bild: Andreas Teichmann)

Die Hüttengase sind zum großen Teil ein Gemisch aus Kohlenmonoxid, Stickstoff, Wasserstoff und Methan. Sie werden heute in Kraftwerken auf dem Betriebsgelände verbrannt, weil man sie so zur Deckung des Strombedarfs der Stahlhütte nutzen kann. Dabei entsteht jedoch CO2. Im Projekt Carbon2Chem will ThyssenKrupp die Hüttengase nicht verbrennen, sondern aus den darin enthaltenen Rohstoffen Chemikalien erzeugen.

Das allein würde allerdings noch keine Senkung des Kohlendioxid-Ausstoßes bedeuten. Denn die zuvor aus den Hüttengasen gewonnene Energie müsste das Stahlwerk dann aus anderer Quelle beziehen – etwa aus Kohlekraft. Deshalb will Achatz noch einen Schritt weiter gehen: „Mit dem Ansatz wollen wir außerdem die erneuerbaren Energien ins Spiel bringen.“ Carbon2Chem soll die schwankende Stromerzeugung von Wind und Sonne ausgleichen.

Bläst der Wind oder sticht die Sonne, will der Konzern mit dem überschüssigen Strom Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten. „Mit dem zusätzlichen Wasserstoff können wir mehr Kohlenmonoxid aus den Hüttengasen in Methangas, in Polymere oder Düngemittel umwandeln“, so Achatz. „Das ist eine Art der Energiespeicherung, nur eben nicht in Batterien, sondern in Produkten.“ Er geht davon aus, dass sich schon mit dem Verkauf der Chemikalien das Vorhaben rechnet.

Bis dahin dauert es allerdings noch ein paar Jahre, gibt der 60-Jährige zu. „Wir brauchen sicher bessere Prozesse zur Reinigung der Hüttengase. Eine große Rolle wird auch die Optimierung der Katalysatortechniken spielen, damit die Umwandlung der Hüttengase mit weniger Energie ablaufen kann.“ Carbon2Chem sei ein 10- bis 15-Jahres-Projekt. Derzeit plane man in Duisburg ein Technikum, also eine Anlage in kleinem Maßstab. „Wir glauben, dass wir 2030 ein Werk stehen haben könnten.“

Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen Ausgabe der Technology Review (am Kiosk erhältlich oder online bestellbar):

(jle)