Energiekrise: Bundestag beschließt Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden

Als Überbrückung für die Gaspreisbremse, die erst im nächsten Jahr greifen soll, hat der Bundestag eine Soforthilfe für Dezember beschlossen.

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(Bild: Skye Studio LK/Shutterstock.com)

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Der Bundestag hat am Donnerstag die Soforthilfe für Gas- und Fernwärmekunden beschlossen. Sie ist gedacht als Überbrückung, bis die Gaspreisbremse wirkt. Diese soll ab März greifen, die Bundesregierung prüft aber, sie auf Februar vorzuziehen. Der Bundesrat will am kommenden Montag in einer Sondersitzung darüber abstimmen. Verzichtet die Länderkammer darauf, den Vermittlungsausschuss anzurufen, ist das Gesetz gebilligt und kann nach Unterzeichnung durch den Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet werden.

Wirtschafts-Staatssekretär Michael Kellner (Grüne) sprach von einem wichtigen Signal, um die Bezahlbarkeit der Gaspreise zu sichern. Dagegen kritisierte der CDU-Politiker Mark Helfrich: "Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?" Kaum jemand blicke noch durch, vor allem wie der Erstattungsbetrag berechnet werde.

Die Bundesregierung hatte die Soforthilfe am 2. November beschlossen. Sie rechnet mit Kosten von 9 Milliarden Euro. SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte, die Entlastung müsse bei sehr großen Einkommen versteuert werden. "So sorgen wir für einen sozialgerechten Ausgleich." Den Abschlag versteuern müssen laut Gesetzentwurf diejenigen, die den Solidaritätszuschlag zahlen müssen. Die Gas- und Wärmeversorgungsunternehmen können sich die ausgefallenen Dezemberzahlungen über die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) erstatten lassen.

Kunden mit einem Jahresverbrauch bis zu 1500 Megawattstunden Gas sollen eine einmalige Soforthilfe bekommen. Das gilt etwa für Alleineigentümer eines einzelnen Hauses, die einen direkten Gasliefervertrag mit einem Versorger haben, aber auch für kleine und mittlere Firmen. Für die Betroffenen entfällt die Pflicht, die vertraglich vereinbarten Abschlagszahlungen für den Monat Dezember zu leisten. Bei der Wärmeversorgung wird durch eine pauschale Zahlung entlastet, die sich im Wesentlichen an der Höhe des im September gezahlten Abschlags bemisst.

Der Erstattungsbetrag wird ermittelt, indem ein Zwölftel des Verbrauchs, wie ihn der Versorger im September geschätzt hat, multipliziert mit dem im Dezember gültigen Kilowattstundenpreis. Nach Berechnungen des Vergleichsportals Verivox liegt die Dezember-Entlastung einer Familie im Reihenhaus mit einem Jahresverbrauch von 20.000 kWh voraussichtlich bei rund 300 Euro.

Verrechnet werde automatisch, heißt es in einem Schreiben von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) an die Mitglieder der SPD-Bundestagsfraktion. Die Soforthilfe entspreche in den meisten Fällen der Höhe der Entlastung der geplanten Gaspreisbremse für rund drei Monate. Dazu wird ein Beispiel genannt: Eine vierköpfige Familie habe für einen Altvertrag direkt mit dem Versorger monatlich eine Vorauszahlung für den Gasverbrauch von 100 Euro gezahlt. Häufig sei die deutliche Preiserhöhung schon in diesem Jahr vorgenommen worden, sodass im Dezember 275 Euro als neue Vorauszahlung zu zahlen wären. Wenn diese höhere neue Vorauszahlung nun komplett für den einen Monat erlassen werde, würde die Familie im Dezember um 275 Euro entlastet.

Der Bund erstattet den Versorgern die Kosten direkt. Allerdings kritisierte der Stadtwerkeverband VKU, es sei nicht gewährleistet, dass die Stadtwerke die staatliche Erstattung rechtzeitig zum 1. Dezember erhielten. Die Stadtwerke seien aber nicht der "Dispogeber" der Bundesregierung, so Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing. Er kritisierte weiter ein "unfaires Ungleichgewicht" zu Lasten der Energieversorger. Denn der Gesetzentwurf verpflichte die Versorger, den Dezemberabschlag nicht einzuziehen oder zu erstatten.

Mieter haben oft keine direkte Vertragsbeziehung mit dem Versorger, oft sind die Vermieter Kunden von Stadtwerken oder anderen Versorgern. Stattdessen zahlen Mieter monatliche Vorauszahlungen an ihre Vermieter. Die Heizkosten werden dann mit der Nebenkostenabrechnung vom Vermieter anhand des tatsächlichen Verbrauchs final berechnet. Preiserhöhungen in diesem Jahr werden Mietern also erst im kommenden Jahr im Wege einer Nachzahlung in Rechnung gestellt. Die meisten Vermieter werden die Vorauszahlungen bald erhöhen, wie es im Schreiben von Scholz heißt. Trotzdem könne es bei der Heizkostenabrechnung im nächsten Jahr zu erheblichen Nachzahlungen kommen. Daher sollten die Vermieter die Soforthilfe bei der Betriebskostenabrechnung 2023 an die Mieter weitergeben, die Nachzahlung falle also geringer aus.

Daneben sind Sonderregelungen geplant. Einigen Mieter seien bereits in diesem Jahr vom die Vorauszahlungen kräftig erhöht worden, heißt es im Scholz-Brief. Für sie gelte, dass sie im Dezember die Vorauszahlung um die Erhöhung kürzen könnten. "Hier müssen die Mieterin oder der Mieter direkt aktiv werden und die Vorauszahlung kürzen." Die restliche Entlastung durch die Soforthilfe komme ihnen über die Nebenkostenabrechnung im nächsten Jahr zugute.

Der Deutsche Mieterbund bezeichnete die Soforthilfe als enorm wichtig. "Mieterinnen und Mieter profitieren davon aber viel zu spät und werden im Gesetz benachteiligt", sagte der Präsident des Mieterbundes, Lukas Siebenkotten, der Deutschen Presse-Agentur. "Die meisten Mieterinnen und Mieter werden mit Erdgas und Fernwärme versorgt, hier wirkt die Dezember-Entlastung aus 2022 erst im Laufe des Jahres 2023 im Rahmen der Nebenkostenabrechnung der Mieter." Die Regelungen seien außerdem viel zu kompliziert und gerade für Mieter kaum transparent.

Im Gesetzentwurf heißt es, die Mieter seien im Dezember über die Höhe der Entlastung ihres Vermieters von den Erdgas- oder Wärmelieferungskosten zu informieren. Falls Mieter umgezogen sind und einen neuen Mietvertrag mit höheren Nebenkostenvorauszahlungen abgeschlossen haben, können sie laut dem Scholz-Schreiben 25 Prozent der Vorauszahlung für den Monat Dezember einbehalten. Bei Gemeinschaften von Wohnungseigentümern soll die Entlastung im Rahmen der Jahresabrechnung an die Wohnungseigentümer weitergegeben werden.

Falls Kunden den Versorger gewechselt haben, soll laut Wirtschaftsministerium der neue Lieferant die Verbrauchsprognose des vorherigen Lieferanten übernehmen, der diesen Gasanschluss für den vorigen Mieter oder Eigentümer beliefert habe. Über diese Prognose könne die Entlastung berechnet werden, auf Basis des vorherigen Gaskunden für diese Wohnung.

(anw)