Energy Star 5.0 fordert ab 1. Juli deutlich sparsamere Computer
Die von der US-Umweltschutzbehörde EPA im Verbund mit der Computerindustrie ausgearbeiteten Richtlinien wurden deutlich verschärft.
Abermals hat die US-Umweltschutzbehörde EPA im Verbund mit der Computerindustrie die Anforderungen an Geräte, die ein Energy-Star-Logo tragen dürfen, erheblich verschärft: Die Spezifikation für den Energy Star 5.0 erfasst im Vergleich zur 2006 vorgestellten Version 4.0 nun mehr Geräteklassen und beurteilt die Systeme auf eine neue Art. Statt absoluter Grenzwerte für die Leistungsaufnahme in bestimmten Betriebszuständen wird nun der jährliche Energiebedarf (in Kilowattstunden, kWh) betrachtet.
Für unterschiedliche Klassen von Rechnern gibt es definierte Nutzungsprofile, die bestimmte Betriebszustände beschreiben sowie jeweils eine anteilige, auf das Gesamtjahr bezogene Betriebsdauer im jeweiligen Modus. Für Desktop-Rechner ohne Wake-on-LAN-Funktion nimmt Energy Star 5.0 beispielsweise an, dass sie 55 Prozent ihrer Betriebsdauer im Soft-Off-Zustand verbringen, 5 Prozent im Standby-Modus und 40 Prozent im Leerlauf. Nun muss man die jeweilige Leistungsaufnahme der Geräte (in Watt) in den drei Betriebszuständen mit der anteiligen jährlichen Nutzungsdauer (in Stunden) multiplizieren und die drei Ergebnisse addieren. Je nach Geräteklasse gelten dabei unterschiedliche Grenzwerte, für einen Desktop-PC vom Typ B mit Dual-Core-CPU, Onboard-Grafik, 2 GByte RAM und einer Festplatte beispielsweise 175 kWh, was bei einem Strompreis von 20 Euro-Cent pro kWh rund 35 Euro an jährlichen Betriebskosten entspricht.
Betrachtet man einen fiktiven Klasse-B-PC, der im Soft-Off-Modus (ACPI S5) 1 Watt schluckt und im Standby-Zustand (ACPI S3) 1,5 Watt, so darf er im Leerlauf (On/Idle, ACPI S0) nicht mehr als knapp 48,5 Watt benötigen, um den 175-kWh-Grenzwert nicht zu überschreiten. Das ist eine deutliche Verschärfung im Vergleich zu Energy Star 4.0, denn demnach darf ein PC der Kategorie B (Dual- oder Multi-Core, 1 GByte RAM, Onboard-Grafik) im Leerlauf 65 Watt schlucken. Es gibt aber bereits viele aktuelle Bürocomputer, die der Energy-Star-5.0-Klasse B entsprechen und im Leerlauf deutlich weniger als 48,5 Watt Leistung aufnehmen – nämlich sechs der sieben in c't 3/2009 ab Seite 112 vorgestellten Geräte. Sie brauchen jeweils zwischen 30 und 40 Watt; angesichts solcher Zahlen verschenkt die aktuelle Energy-Star-Richtlinie also einiges an Einsparpotenzial.
Energy Star 5.0 fasst auch die Gerätekategorien neu, sodass es nun auch Grenzwerte für Dual-Core-CPU-Systeme mit separater Grafikkarte (Klasse C) und für Rechner mit Prozessoren gibt, die vier oder mehr Kerne aufweisen (D). Letztere durften nach Energy Star 4.0 noch 95 Watt im Leerlauf verbraten, nun sind ungefähr 65 Watt vorgeschrieben. Die neuen Grenzwerte zeigen schon jetzt (begrenzte) Wirkung: Nach AMD hat nun auch Intel Quad-Core-Prozessoren mit geringerer Thermal Design Power (TDP) angekündigt, viele aktuelle 3D-GPUs drosseln ihre Leistungsaufnahme im Leerlauf und es erscheinen immer mehr sparsame 3,5-Zoll-Festplatten. Für besonders leistungsstarke Grafikkarten, größeren Hauptspeicherausbau und zusätzliche Festplatten genehmigt Energy Star 5.0 allerdings Aufschläge.
Computer mit Fernwartungsfunktionen, die am Netzwerk hängen und daran auch im Schlafmodus lauschen, fängt die Energy-Star-5.0-Spezifikation mit einem etwas veränderten Betriebsdauerprofil ein (40 Prozent Soft-Off, 30 Prozent Standby, 30 Prozent On/Idle). Auch für Notebooks gelten spezielle Nutzungsprofile, und auch bei den Mobilrechnern haben sich die Anforderungen im Vergleich zu Energy Star 4.0 etwas verschärft. In Energy-Star-5.0-konformen Desktop-Rechner muss wie bisher ein 80-Plus-Netzteil stecken, das aber jetzt den Anforderungen von 80 Plus Bronze entsprechen muss (Wirkungsgrad 82/85/82 Prozent).
Wie bisher wird (außer bei Workstations) der Volllast-Fall nicht berücksichtigt – wahrscheinlich, weil es dazu keine Software gibt, die einen vergleichbaren Volllast-Zustand simulieren könnte. Für Desktop-Rechner war ursprünglich vorgesehen, eine Spezialversion des BAPCo SYSmark einzusetzen, um einen Lastfall zu simulieren. Dieser Plan wurde verworfen – der Benchmark läuft ohnehin nur unter bestimmten Windows-Versionen und hätte beispielsweise 3D-Grafikkarten wohl nicht sinnvoll beschäftigt. Bei Workstations schreibt Energy Star 5.0 als Volllast die gleichzeitige Verarbeitung der Benchmarks Linpack und SPEC ViewPerf vor.
Auch kleine, PC-ähnliche Server erfasst Energy Star 5.0; hier gelten die alten Leistungsaufnahmegrenzen in den Betriebsmodi Soft-Off (2 Watt) und Idle (55/65 Watt, je nach Zahl der CPU-Kerne und je nach RAM). Konforme Thin Clients dürfen nicht mehr als 15 Watt schlucken (12 Watt ohne Multimedia-Funktionen). Bei Notebooks, Desktop-Rechnern und Thin Clients mit externen Netzteilen müssen Letztere die Kriterien von Energy Star 2.0 für diese Wandler erfüllen, also im Falle von AC-DC-Wandlern einen gewissen minimalen Wirkungsgrad einhalten und im unbelasteten Zustand höchstens 0,3 Watt (bis zu einer Nennleistung von 50 Watt) beziehungsweise 0,5 Watt ziehen. Auch für Spielkonsolen soll eine Energy-Star-Spezifikation kommen, diese wurde aber offenbar nicht rechtzeitig fertig und soll erst 2010 in Kraft treten.
In der EU gelten ab 2010 verbindliche Grenzwerte für die Standby-Leistungsaufnahme auch von Computern, die sich an den Energy-Star-Vorgaben orientieren. Im Unterschied dazu ist der Energy Star nicht vom Gesetzgeber vorgeschrieben. Deshalb wirken die Energy-Star-Richtlinien vor allem bei gewerblich genutzen Rechnern – größere Firmen und öffentliche Auftraggeber fordern (über Beschaffungsrichtlinien) die Einhaltung der Grenzwerte ein. Das zeigt deutliche Wirkung: Typische Bürocomputer arbeiten wesentlich sparsamer als Heimrechner. Für Letztere fordern verschiedene Einrichtungen und Organisationen schon seit Jahren eine verbindliche Kennzeichung des Energiebedarfs nach dem Vorbild des bei Haushaltsgeräten erfolgreichen EU-Energieeffizienzlabels. (ciw)