Entwicklungsländer: Patentsystem muss der Klimapolitik dienen

Die UN-Organisation WIPO befasst sich derzeit auf einer Konferenz in Genf mit der Frage, wie ein Ausgleich zwischen den im Patentsystem geschützten und anderen schützenswerten öffentlichen Interessen geschaffen werden kann.

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Von
  • Monika Ermert

Patente dürfen nach Ansicht der in der Gruppe der 77 (G77) organisierten Entwicklungs- und Schwellenländer keine Barriere für den Zugang zu Technik werden, die bei der Bewältigung der Klimaveränderung notwendig ist. Ein "fairer Deal zum Technologietransfer" sei entscheidend für einen erfolgreichen Abschluss beim bevorstehenden UN-Klimagipfel in Kopenhagen, sagte Haroldo Machado Filho, Klimaexperte im brasilianischen Wissenschaftsministerium während einer gestern gestarteten Konferenz der World Intellectual Property Organisation (WIPO) zum Thema "Geistiges Eigentum und öffentliche Interessen" in Genf.

Die fürs geistige Eigentum zuständige UN-Organisation befasst sich zwei Tage lang mit der Frage, wie ein Ausgleich zwischen den im Patentsystem geschützten und anderen schützenswerten öffentlichen Interessen geschaffen werden kann. WIPO-Generaldirektor Francis Gurry sagte zum Auftakt, es seien viele Kerntechniken patentiert und es werden mehr werden. Patente dürften aber nicht dazu führen, dass sich ärmere Länder die Nutzung grüner Energietechnik und auch von Technik, die bei einer Anpassung an geänderte Klimaverhältnisse helfe, nicht leisten könnten.

Neben Überblicksstudien zu existierender Technik, deren Patentschutz ausläuft, schlägt die G77 einen multilateralen Fonds vor, der ärmeren Ländern beim Lizenzeinkauf helfen soll. Außerdem sollen Kriterien für Zwangslizenzen entwickelt werden, die für den Katastrophenfall oder aber in drängenden Fällen greifen. Solche Zwangslizenzen sind etwa aus der Medizin bekannt und häufig juristisch umstritten. Für die Klimakatastrophe seien ebenfalls solche Ausnahmen im Patentsystem nötig, meinen Filho und andere Experten. Der Abfluss von Lizenzgeldern in nur eine Richtung könne durch die Schaffung regionaler Exzellenz-Zentren und Anreize für den Technologietransfers zu Tochterfirmen in den Entwicklungsländern verhindert werden.

Michel Jarraud, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie (WMO), plädierte für einen freien Zugang zu allen meteorologischen und Gewässerdaten für die Vorhersage von Katastrophen sowie für weiter verfeinerte Klimaanalysen. Solche Daten dürften ruhig weiter vermarktet werden, für Klimaforscher und Katastrophenschützer müssten die Daten aber frei verfügbar sein. Die WMO will noch in diesem Jahr ein UN-Rahmenwerk zu "Klimadiensten" auf den Weg bringen, um klare Grenzen zu ziehen, versprach Jarraud.

Der britische Minister für Geistiges Eigentum, David Lammy, sieht ebenfalls die Notwendigkeit, das Patentsystem an die veränderten Verhältnisse anzupassen. Er meint aber auch, das System des Geistigen Eigentums könne grundsätzlich die Entwicklung aller Gesellschaften fördern. Er forderte daher Verbesserungen am System selbst: So seien die langen Prüfzeiten für Patentanmeldungen inakzeptabel. Sie können aktuelle bis zu sieben Jahre betragen. In Großbritannien werde seit Juni Energiespar- oder klimaschonende Technik bevorzugt geprüft. Lammy befürwortete außerdem bilaterale Forschungsabkommen, wie Großbritannien es mit China geschlossen habe, und so genannte Patentpools. Am heutigen zweiten Konferenztag beschäftigt sich die WIPO insbesondere mit Spannungen zwischen Patentsystem und dem Zugang zu Nahrungsmitteln und Medizin. (Monika Ermert) / (anw)