Er machte Musik tragbar: Zum Tode von Lou Ottens, Erfinder der Kompaktkassette

Seite 3: Sony ist als Partner auch bei der CD dabei

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Da Matsushita bereits an einem eigenen System forschte, kam wieder Sony zum Zug. Als das System 1979 zu etwa 80 Prozent fertig entwickelt war, holte man sich wie schon 1965 bei der Kompaktkassette die erfahrenen Japaner ins Boot. Von der Entscheidung erhoffte man sich Synergieeffekte und ein Gegengewicht zu den anderen japanischen Datenträgersystemen, die teilweise auch kurz vor der Marktreife standen.

Die Beteiligung von Sony an der Entwicklung der CD erwies sich als goldrichtig. Das Unternehmen brachte durch eigene Vorentwicklungen nicht nur wichtige Änderungen der Signalverarbeitung, der Fehlerkorrektur und des notwendigen Lasers ein, sondern auch ein gewichtiges Wort in der Standardisierung, sodass im August 1982 mit dem Sony CDP-101 der erste Serien-CD-Player auf den Markt kam. Die kompakte CD wurde mit den Jahren zum Weltstandard und drängte Schritt für Schritt die Schallplatte vom Markt.

Lou Ottens war zur Veröffentlichung der CD schon mit einem anderen Projekt beschäftigt – mit dem Einstieg Sonys wechselte er 1979 zur Philips Video Main Industry Group. Dort sollte er die Markteinführung von Video 2000 begleiten, die im Vergleich zu den Konkurrenzformaten VHS und betamax verzögert erfolgte.

Und erstmals hatte Ottens mit einem neuen System keinen Markterfolg: Video 2000 musste sich, obwohl den anderen Systemen überlegen, nach technischen Problemen und weiteren Schwierigkeiten dem VHS-System, dem Konkurrenten von JVC geschlagen geben und Philips wendete sich 1985 von Video 2000 ab. Bis zur Rente 1986 erarbeitete Ottens für den Konzern Vorschläge, die Logistik zu verbessern.

Eine Zeit lang existierten Compact Disc und Kassette in friedlicher Koexistenz – die CD für das heimische Rack und die Kassette für das Kinderzimmer oder für unterwegs –, bis die CD durch immer günstigere und mobilere Player und ab 1988 auch durch Brenner der Kassette allmählich das Wasser abgrub. Ab den 2000ern sorgten MP3-Player, iPod, Smartphones und ab den 2010ern zudem Spotify, smarte Lautsprecher und Co. für den Niedergang physischer Datenträger hin zu Stream und Download. Und auch für die IT waren beide Formate von herausragender Bedeutung: Kassetten waren als Datasetten der wichtigste Datenträger der 8-Bit-Systeme und CDs lösten Mitte der 1990er die Disketten ab und ermöglichten Speicherkapazitäten mit bis dahin nie gekannten Datenmengen.

Zwar haben die neuen digitalen Formate Kassettenrekorder und CD-Spieler vom Nachttisch verdrängt, aber viele erinnern sich gerne in ihre ersten Tapes mit selbst aufgenommener Musik oder an die Hörspiele, die vorm Schlafengehen noch für etwas Spannung sorgten. Alles das war möglich, weil Lou Ottens die Zeichen der Zeit erkannte und durch Entwicklung der Kassette und CD die Musik tragbar machte.

(mawi)