Erbgutvergleich als Online-Freizeitspaß

Der unter anderem von Google finanzierte DNA-Analysedienst 23andMe ergänzt seine Website um "Social Networking"-Funktionen.

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Das Genanalyse-Start-up 23andMe arbeitet an einer Internet-Plattform, über die Nutzer die von der Firma aufgedeckten Erbgutmerkmale und genetischen Eigenschaften mit anderen Internet-Usern teilen können. Die Firma hofft, dass das neue Angebot im Stil einer "Social Networking"-Plattform Interessierte dazu verleitet, sich selbst einem DNA-Test zu unterziehen, berichtet das Technologiemagazin Technology Review in seiner Online-Ausgabe.

"Ich denke, dass die Idee der sozialen Vernetzung hier durchaus auf ein noch nicht genutztes Potenzial trifft", meint Genomik-Pionier George Church von der Harvard Medical School optimistisch, der im Wissenschaftsbeirat von 23andMe sitzt. Völlig neu sei diese Idee allerdings nicht. Es gebe bereits einen Vorläufer namens "PatientsLikeMe", bei dem die Nutzer andere Patienten mit einem gleichen Krankheitsbild auffinden könnten. Doch auf den genetischen Code habe das Prinzip noch niemand übertragen.

23andMe ist nur eine von mehreren Firmen, die im vergangenen Jahr damit begonnen haben, DNA-Untersuchungen direkt an Endkunden zu verkaufen. Unumstritten sind sie nicht - sowohl was ihre Aussagekraft als auch die fehlende medizinische Begleitung anbetrifft. Für 999 Dollar erhält man bei 23andMe das Testkit, mit dem man eine Speichelprobe nimmt und diese dann an die Firma sendet. Die daran anschließende Analyse erkennt fast 600.000 genetische Variationen, die Krankheitspotenziale, aber auch andere Faktoren wie mögliche Herkunft, erblich bedingte körperliche Leistungsfähigkeit oder Augenfarbe beschreiben. "Das dürfte zur natürlichen Neugier der meisten Menschen gehören: Wo komme ich her? Was sind meine Wurzeln?", meint 23andMe-Mitgründerin Linda Avey. Gleich danach komme stets der Wunsch, sich mit anderen Menschen zu vergleichen. Die Website von 23andMe ist dazu bunt und unterhaltsam aufgemacht, sie stellt den Erbgutvergleich als Online-Freizeitspaß dar.

Hinter 23andMe stehen allerdings handfeste geschäftliche Interessen: Die Firma verkauft nicht nur ihren Gentest, sondern will Daten auch bei Einwilligung der Nutzer an Pharmaunternehmen weiterreichen, die mit den Informationen forschen können werden. Auch Community-gestützte Research-Projekte durch Patientengruppen seien denkbar, etwa wenn von Autismus in der Familie betroffene Eltern bestimmte Faktoren ausschließen wollten, sagte Avey. Damit das funktioniert, müssen allerdings genügend Betroffene bei 23andMe mitmachen. Know-how im Bereich Internet hat das Unternehmen jedenfalls: Anne Wojcicki, zweite Mitgründerin neben Avey, ist Frau des Google-Pioniers Sergey Brin. Der Internet-Riese ist selbst an 23andMe beteiligt, was bei manchen Kritikern bereits für Unbehagen sorgte.

Mehr zum Thema in [i]Technology Review online:[/i]

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(bsc)