KI soll Klimavorhersagen "mit nie dagewesener Genauigkeit" ermöglichen

Ein vom DLR mitentwickelter Ansatz soll helfen, Ungenauigkeiten und systematische Fehler bei der Klimamodellierung mithilfe von Maschinenlernen zu vermeiden.​

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Die Erde aus demm All

(Bild: m.elyoussoufi/Shutterstock.com)

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Der weitere Verlauf des Klimawandels soll sich künftig mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) besser abschätzen lassen. Ein Forschungsteam aus Deutschland, Spanien und den USA unter der Leitung von Veronika Eyring vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) hat einen neuen Ansatz entwickelt, um maschinelles Lernen in Modelle des Erdsystems zu integrieren. Die Technik soll dabei etwa auf der Basis eines bestehenden Klimamodells mit einer sehr hohen räumlichen Auflösung im Kilometerbereich den Einfluss eines bestimmten atmosphärischen Prozesses lernen, dieses neue Wissen in das "grobmaschige" Erdsystem-Modell einsetzen und es dadurch deutlich leistungsfähiger machen. Eine Schlüsselrolle spielt dabei die Auswertung satellitengestützter Erdbeobachtungsdaten, die als wichtige Grundlage für die Klima- und Umweltforschung gelten.

Erdsystem-Modelle wie Earth4All berücksichtigen wichtige Prozesse der Atmosphäre sowie ihre Wechselwirkungen mit anderen Komponenten wie Ozeanen und Land. Sie können damit prinzipiell weitreichende Vorhersagen des Gesamtsystems des blauen Planeten liefern. Dafür ist das Verarbeiten großer Datenmengen nötig, die mit Blick auf die Rechenzeit in der räumlichen Auflösung begrenzt sind. Daraus ergeben sich Ungenauigkeiten und systematische Fehler. Diese bestmöglich zu vermeiden, gehört zu den größten Herausforderungen in der Klimamodellierung. Eyring und ihr Team setzen dafür maschinelle Lernverfahren ein, um in den Simulationen die Darstellung von Prozessen zu verbessern, die nicht explizit in den Modellen aufgelöst werden können. Diese sind für die Klimadynamik von zentraler Bedeutung.

Alternative Simulationen mit hochaufgelösten Klimamodellen im Kilometerbereich erzielen zwar eine höhere Genauigkeit im Vergleich mit Beobachtungsdaten. Sie sind aber nur beschränkt für Klimavorhersagen von mehreren Jahrzehnten tauglich, da die Berechnungen datenintensiv und somit sehr kostspielig sind. Der neue Ansatz, zu dem die beteiligten Wissenschaftler gerade einen Beitrag im Fachmagazin Nature Geoscience veröffentlicht haben, verbindet Modelle über verschiedene Skalen und unterschiedliche Prozesskomplexität mit dem systematischen Einsatz von KI und Satellitendaten. Letztere helfen traditionell, Klima- und Erdsystemmodelle zu bewerten und zu evaluieren, die dann für Klimavorhersagen und das Ableiten von Handlungsmaßnahmen für Sektoren wie Energie, Luftfahrt und Verkehr verwendet werden.

Die KI-gestützte Klimamodellierung soll auch die Basis für realistischere digitale Zwillinge des Erdsystems bilden, die skalierbar, benutzerinteraktiv und anpassungsfähig sind. Solche Computernachbildungen helfen, das Zusammenspiel von Bewegungen und Kräften in der physischen Welt besser zu verstehen. Grundsätzlich gehe es darum, die wichtige Ressource satellitengestützter Erdbeobachtungsdaten noch viel intensiver zu nutzen, "um die globalen Vorhersagemodelle zu kalibrieren, zu bewerten und zu verbessern", betont Eyring vom DLR-Institut für Physik der Atmosphäre in Oberpfaffenhofen. Sie ist sich sicher: Durch die Kombination mit KI "werden wir in der Lage sein, die Komplexität des künftigen Erdklimas und der Extremereignisse mit einer noch nie dagewesenen Genauigkeit vorherzusagen". Bereits im August publizierte die Professorin im Magazin Nature Climate Change mit Kollegen eine allgemeinere Studie zum Verschieben der Grenzen der Klimamodellierung mithilfe von maschinellem Lernen.

(mki)