Erstes digitales Stellwerk an ICE-Strecke in Betrieb

In Bayern werden Weichen und Signale erstmals in Deutschland an einer Hochgeschwindigkeitsstrecke digital gesteuert.

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Blick ins Digitale Stellwerk Donauwörth

Blick ins Digitale Stellwerk Donauwörth

(Bild: Deutsche Bahn AG / Dominic Dupont)

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Die Deutsche Bahn (DB) hat in Bayern das erste digitale Stellwerk (DSTW) an einer Hochgeschwindigkeitsstrecke offiziell in Betrieb genommen. Das Stellwerk in Donauwörth ersetzt die beiden bisherigen Relaisstellwerke aus den Jahren 1958 und 1960 in Meitingen und Mertingen. Auf der ICE-Strecke München-Augsburg-Nürnberg, die zum Transeuropäischen-Schienenkorridor Skandinavien-Mittelmeer gehört, können die Züge in dem Bereich bis zu 200 Stundenkilometer schnell fahren. DB, Bund und Land investieren für das DSTW zusammen 127 Millionen Euro, die Technik stammt von Hitachi Rail.

Serverraum des Digitalen Stellwerks Donauwörth

(Bild: Deutsche Bahn AG / Dominic Dupont)

In dem Vorserienprojekt in Donauwörth, dessen Bau 2019 begann, will die Bahn Komponenten testen und einen späteren flächendeckenden Einsatz der Technik vorbereiten. Die Leit- und Sicherungstechnik der Schieneninfrastruktur soll dann bis zum Jahr 2035 modernisiert und digitalisiert werden. Die "Digitale Schiene" ermögliche es, dass Züge voll automatisiert und in kürzeren Abständen fahren, erläutert das Unternehmen. Ein weiterer Baustein dafür ist das europaweit einheitlichen Zugbeeinflussungssystem ETCS.

"Im digitalen Stellwerk in Donauwörth steuern wir Signale erstmals online, damit sind wir führend in Europa", sagte DB-Infrastrukturvorstand Berthold Huber. Die Technik bringe nicht nur mehr Kapazität im Netz, sie sei auch einfacher zu warten und deshalb zuverlässiger. Im Personen- und Güterverkehr gebe es dadurch künftig zusätzliche und pünktlichere Züge.

Die Netztochter der DB betreibt insgesamt rund 2600 Stellwerke, 67.000 Weichen und 160.000 Signale mit verschiedenster Technik, die teils mehr als 100 Jahre alt ist. Seit 2018 werden im sächsischen Annaberg-Buchholz Weichen und Signale einer Regionalstrecke digital gesteuert. Weitere Modellvorhaben für digitale Stellwerke betreibt die Bahn an der Strecke Koblenz-Trier, in Warnemünde an der Ostsee läuft seit 2019 das erste digitale Stellwerk für den Fernverkehr, hinzu kommt das Harz-Weser-Netz zwischen Braunschweig und Göttingen. Ein weiteres Stellwerk baut die DB in Plauen im Vogtland, das bis 2025 fertig sein soll. Es soll künftig die zwölf Alt-Stellwerke in Wünschendorf, Berga, Greiz, Greiz-Dölau, Elsterberg, Barthmühle und Plauen ablösen.

Neben Relaisstellwerken sind an deutschen Schienen Elektronische Stellwerke (ESTW) und jüngst als dessen technologischer Nachfolger DSTW in Betrieb. Bei beiden Stellwerkstypen prüfen und verarbeiten redundante Rechnersysteme die Stellbefehle der Fahrdienstleiter. Die Befehle der Rechner eines ESTW werden jedoch in konventioneller elektrischer Schalttechnik durch Kupferkabelbündel an Weichen, Signale und Bahnübergänge übermittelt, ebenso melden sich Weichen und Signale zurück, erläutert die DB. Jedes Element der Infrastruktur hat seinen eigenen Kabelstrang zum Stellwerk. Ein DSTW übermittelt hingegen die Stellbefehle digital an Weichen und Signale und empfängt ebenso digital die Informationen von dort. Die verschlüsselten Stellbefehle werden über Ringleitungen aus Glasfaserkabeln übermittelt.

(anw)