Es wird mehr Holz verheizt – doch das schadet Gesundheit und Umwelt

Wegen hoher Energiepreise heizen nun viele Menschen mit Holz. Unter Experten gilt das aber längst als schädlich für Gesundheit, Klima und Umwelt.

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(Bild: MORGUNOVA NATALIIA/Shutterstock.com)

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Auf den ersten Blick gibt es für das Heizen mit Holz gute Gründe. Es gilt als gemütlich, günstiger als Gas und nachhaltig. Holz wird in Deutschland als klimafreundlicher Brennstoff und erneuerbare Energie behandelt. Die Begründung: Das Kohlendioxid (CO₂), das beim Verbrennen von Holz in die Atmosphäre gelangt, wird bei einer nachhaltigen Waldwirtschaft durch nachwachsende Bäume wieder gebunden.

Mehr als eine Million Haushalte in Deutschland nutzen Scheitholz, Holzpellets – also gepresstes Holz in Zylinderform – oder Holzhackschnitzel als primäre Energiequelle zum Heizen des kompletten Wohnraums, wie das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) angibt. Zusätzlich gebe es über elf Millionen sogenannte Einzelraumfeuerstätten wie zum Beispiel Kaminöfen (Stand März 2022).

Bisher spielte Holz damit eine eher untergeordnete Rolle: Im Jahr 2021 kam nach Angaben des Statistischen Bundesamts nur bei 3,6 Prozent der Neubauten Holz als primäre Heizenergiequelle zum Einsatz. Durch die Auswirkungen des Ukrainekriegs auf die Gaspreise könnte sich das ändern. Das klingt erst mal gut, quasi nach einer Win-Win-Win-Situation für Mensch, Industrie und Natur. Das sehen jedoch viele Experten anders.

Einige Wissenschaftler betrachten die Verbrennung von Holz als Gefahr für die menschliche Gesundheit. So auch Achim Dittler vom Institut für Mechanische Verfahrenstechnik und Mechanik am Karlsruher Institut für Technologie (KIT). "Nichts verbrennt dreckiger und klimaschädlicher als Holz", sagt der Forscher. Bei der Holzverbrennung würden viel mehr Schadstoffe freigesetzt als bei der Verbrennung von Öl oder Gas, darunter Kohlenmonoxid, Stickoxide und Methan. Und die hochkonzentrierten Gase und gesundheitsschädlichen Feststoff-Emissionen wie etwa Ruß hätten verheerende Folgen für die Luftqualität.

Dittler war unter anderem an der Verfassung der Stellungnahme "Saubere Luft" der Leopoldina von 2019 beteiligt.

Am problematischsten ist es nach Angaben des Aerosol-Experten, wenn der Rauch direkt zu benachbarten Häusern strömt und dort über technische Lüftungssysteme selbst bei geschlossenen Fenstern ins Innere gelangt. "Dann erleben Sie, dass Ihr eigener Wohnraum durch Holzofen-Rauchgase zu einer gefährlichen Rauchgasfalle werden kann."

Aus seiner Sicht haben Pellets im Gegensatz zu Scheitholz zumindest einen Vorteil: Durch die einheitliche Größe und den Herstellungsprozess ist die Brennstoffqualität einheitlicher, sie brennen zudem im Ofen geregelt ab. Dadurch sei die Rauchentwicklung kontrollierbarer als bei Scheitholz. Zwar entstünden weniger hohe Schadstoff-Konzentrationen als bei einem Scheitholz-Ofen, aber immer noch deutlich mehr als bei einer Gasheizung.

Dittler nennt es einen "Kardinalfehler", dass Holzenergie in Deutschland trotz aller Fakten als klimaneutrale, nachhaltige Energie bezeichnet werde. Auch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz teilt auf Anfrage mit, dass die Emission von Luftschadstoffen bei der Holzfeuerung ein Problem sei. Deswegen seien die Regeln zur Luftreinhaltung beim Einbau und Betrieb von Holzheizungen dieses Jahr noch einmal verschärft worden.

Wolfgang Straff, Leiter des Fachgebiets Umweltmedizin und gesundheitliche Bewertung am Umweltbundesamt, warnt speziell vor den Gesundheitsgefahren durch Feinstaub. "Generell und unabhängig von der Quelle führt die Inhalation von Feinstaub zu relativ hohen Krankheitslasten in der Bevölkerung." So seien zum Beispiel Lungenkrebsfälle und weitere Krankheiten wie etwa Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes auf Feinstaub zurückzuführen. Dem Mediziner zufolge wurden in Deutschland in den Jahren 2010 bis 2018 durchschnittlich jährlich etwa 17.500 Todesfälle durch Feinstaub verursacht.

Die Emissionen von Holzöfen seien keine Kleinigkeit, wie das Umweltbundesamt vorrechnet: "Beispiel Feinstaub: Ein neuer Kaminofen üblicher Größe emittiert, wenn er bei Volllast betrieben wird, in einer Stunde etwa 500 mg Staub. Das entspricht ca. 100 km Autofahren mit einem PKW der Abgasnorm Euro 6."

Schon jetzt sei die Verbrennung von Holz für rund 20 Prozent der deutschen Feinstaubemissionen verantwortlich. Was passiert, wenn diesen Winter noch mehr Menschen mit Holz heizen? "Insgesamt wird es dazu kommen, dass viele Menschen noch mehr Feinstaub einatmen als in den letzten Jahren, und dadurch werden rechnerisch auch mehr Menschen erkranken." Trotzdem hat der Mediziner Verständnis dafür, dass viele Menschen Geldsorgen haben und deshalb auf das vermeintlich billigere Holz umsteigen. "Es ist ein Dilemma. Die Kälte spüren wir Menschen sofort, während wir die anderen gesundheitlichen Risiken nicht wahrnehmen können."

Sollte das Heizen mit Holz also künftig verboten werden, so wie es einige Experten fordern? Schließlich ist die Verbrennung von Holz nicht nur für die menschliche Gesundheit riskant – Umweltschützer warnen auch vor verheerenden Auswirkungen auf die Wälder. Wenn es nach Pierre Ibisch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde ginge, sollte die Förderung von Holzverbrennung sofort gestoppt werden. Denn das Verfeuern von Bäumen sei nur unter bestimmen Umständen klimaneutral.

Zum einen, wenn beim Entnehmen keine Treibhausgase aus dem Waldboden strömten. "Ungefähr die Hälfte des Kohlenstoffs in Waldökosystemen befindet sich in den Böden", erklärt der Ökologe. Austrocknung und Erwärmung begünstigten den ungewollten Abbau des Kohlenstoffs, der dann als CO₂ freigesetzt werde. Zweitens gelte die behauptete Klimaneutralität allenfalls über längere Zeiträume und unter der Bedingung, dass geerntete Bäume wirklich nachwüchsen. Selbst dann würden Plantagen mit neu gepflanzten Bäumen erst mit zeitlicher Verzögerung zur wirksamen Kohlenstoffsenke.

Die entstandene "Kohlenstoffschuld" wieder auszugleichen dauere mindestens Jahrzehnte. "Wir bräuchten aber die sofortige Vermeidung von zusätzlichen Treibhausgasen." Ibisch, der seit 20 Jahren die Folgen des Klimawandels für Ökosysteme erforscht, sieht die Holzverbrennung als große Gefahr für die Zukunft der Wälder, die sich ohnehin in einem schlechten Zustand befänden.

Durch die Folgen der Klimakrise und die forstliche Nutzung sinke die Produktivität der Bäume. "Während also die Bäume schlechter wachsen, wollen wir mehr Holz nutzen. Eine fatale Kombination", mahnt der Waldexperte. "Mit Holz heizen bedeutet: Biodiversität, Böden und Mikroklima verschlechtern sich – und das ausgerechnet in der Klimakrise."

Deutschlandweit wird nach Angaben des Umweltbundesamts (UBA) fast die Hälfte des aktuell genutzten Holzes zur Energieerzeugung verwendet. Das laufe auch aus Sicht des Umweltbundesantes den Klimazielen zuwider. Das UBA schreibt: "Der Wald soll als Kohlenstoffsenke erhalten bleiben und diese Leistung möglichst maximiert werden. Dazu darf sogar nur weniger Kohlenstoff entnommen werden, als gebunden wird. Das klimafreundliche Potenzial ist also begrenzt, daher ist von der energetischen Holznutzung aus Klimaschutzgründen abzuraten."

Gerd Müller, Leiter der Geschäftsstelle des Bundesverbands Brennholzhandel und Brennholzproduktion, hält die Kritik am Heizen mit Holz für unberechtigt. "Wir können nur so viel Holz liefern, wie der Wald hergibt und daran halten wir uns auch." Dem Verband gehören rund 100 Betriebe an, die Brennholz verarbeiten oder herstellen. In Deutschland werde nachhaltige Waldwirtschaft betrieben, betont Müller. Es würden demnach nicht mehr Bäume geerntet als nachwachsen könnten. Deswegen sei es momentan auch nicht möglich, die hohe Nachfrage an Holz zu decken.

Nach Angaben des Deutschen Pelletinstituts, das dem Deutschen Energieholz- und Pellet-Verband angehört, wurden im ersten Halbjahr dieses Jahres rund 32.000 Pelletheizungen verkauft – zwölf Prozent mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Doch auch die Preise für Brennholz und Holzpellets für Öfen und Heizungen steigen stark: Sie lagen im August um knapp 86 Prozent über denen des Vorjahresmonats, wie das Statistische Bundesamt im September mitteilte. Die Verbraucherpreise insgesamt kletterten im selben Zeitraum um 7,9 Prozent. Gründe für die stark überdurchschnittliche Preissteigerung seien neben der gestiegenen Nachfrage auch die höheren Beschaffungs- und Transportkosten in der Holzindustrie, erklärten die Statistiker.

Nach Angaben des Pelletinstituts und des Bundesverbands für Brennholzhandel und Brennholzproduktion ist Heizen mit Holz trotzdem nach wie vor günstiger als mit Öl oder Gas. Dem Pelletinstitut zufolge kostete eine Kilowattstunde, die durch die Verbrennung von Holzpellets erzeugt wird, im Zeitraum Januar bis August durchschnittlich rund 8,8 Cent – die mit Erdgas rund 14,11 Cent.

Erst Mitte September stimmte das Europaparlament dafür, die Menge an Holz, die für die Energieerzeugung genutzt werden darf, künftig zu verringern und finanzielle Fördermittel vom Staat einzuschränken. Als erneuerbare Energie soll Holzverbrennung aber weiterhin gelten.

(kbe)