EuGH-Gutachter: Verbraucherschützer dürfen gegen Facebook klagen

Die EU-Staaten können es Verbraucherschutzverbänden erlauben, gegen Datenschutzverletzungen Sammelklagen zu erheben, meint ein EuGH-Generalanwalt.

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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Der Europäische Gerichtshof (EuGH) muss in einem Rechtsstreit zwischen dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) und Facebook darüber entscheiden, ob Verbraucherschutzverbände gegen Datenschutzverletzungen eine Art Sammelklage einreichen können. Der Generalanwalt in dem Verfahren, das der Bundesgerichtshof (BGH) dem EuGH vorgelegt hat, bejaht das in seinen am Donnerstag veröffentlichten Schlussanträgen (Az. C-319/20).

Die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) lasse das zu, schreibt Generalanwalt Jean Richard de la Tour. Entsprechende Klagen müssten dabei aber auf die Verletzung von Rechten gestützt sein, die den betroffenen Personen unmittelbar aus diesem Gesetz erwachsen. Bei der Unterlassungsklage des vzbv gegen Facebook gehe es um einen potenziellen Verstoß gegen die datenschutzrechtliche Pflicht, die Nutzer über Umfang und Zweck der Erhebung und Verwendung ihrer Daten zu unterrichten. Die Bedingungen für eine Verbandsklage seien damit erfüllt.

Generell komme die Wahrung der Kollektivinteressen der Verbraucher durch Verbände dem Ziel der DSGVO, ein hohes Schutzniveau für personenbezogene Daten zu schaffen, besonders entgegen, schreibt de la Tour. Der Generalanwalt weist darauf hin, dass sich der Gerichtshof in einem früheren Urteil zu Facebook-Funktionen auf der Website eines deutschen Bekleidungshändlers bereits ähnlich geäußert habe. Die Schlussanträge der Generalanwälte sind für den EuGH nicht bindend. Oft folgen die Luxemburger Richter aber dem Plädoyer des Generalanwalts. Mit einem Urteil ist in den nächsten Monaten zu rechnen.

In dem Verfahren geht es um Facebooks App-Zentrum, das kostenlose Online-Spiele anderer Anbieter enthält. Der Nutzer erteilte mit dem Button "Sofort spielen" eine Genehmigung, persönliche Daten zu sammeln und auszuwerten. In einem Hinweis war zu lesen: "Durch das Anklicken von 'Spiel spielen' oben erhält diese Anwendung: Deine allgemeinen Informationen, Deine-Mail-Adresse, Über Dich, Deine Statusmeldungen. Diese App darf in deinem Namen posten, einschließlich dein Punktestand und mehr."

Der BGH hatte sich im April 2019 an den EuGH gewandt. Das höchste deutsche Gericht befand, dass Facebook die Nutzern nicht in der von der DSGVO klaren und leicht verständlichen Form über die Datenverarbeitung und den Empfänger der Daten informiert habe. Zugleich hatten die Richter aber Zweifel, ob der vzbv unabhängig von der konkreten Verletzung von Rechten einzelner Betroffener und ohne deren Auftrag gegen Facebook klagen kann.

In Deutschland gibt es seit rund drei Jahren auch das Instrument der Musterfeststellungsklage. Dabei müssen im ersten Schritt mindestens zehn, später 50 geschädigte Verbraucher mitmachen. Bekannt ist vor allem das Vorgehen von Verbraucherschützern gegen VW aufgrund der Dieselaffäre. Gewinne etwa aus Datenmissbrauch lassen sich hierzulande bisher nicht abschöpfen. Dies sehen aber die neuen Vorgaben für EU-weite Sammelklagen vor.

(vbr)