Europäisches Parlament: So soll die EU bei kritischen Rohstoffen souverän werden

Die EU-Abgeordneten drängen darauf, etwa bei Kobalt, Lithium und Gallium unabhängig zu werden – vor allem von China und Russland. Sie setzen auf andere Partner.

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(Bild: Miha Creative / Shutterstock.com)

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Das EU-Parlament hat am Donnerstag mit großer Mehrheit von 515 zu 34 Stimmen bei 28 Enthaltungen seine Position zum geplanten Gesetz über kritische Rohstoffe beschlossen. Die Gemeinschaft soll damit bei Kobalt, Lithium, Seltenen Erden & Co. den Weg weisen zu einer "nachhaltigen, digitalen und souveränen Zukunft".

Die Abgeordneten setzen auf einen ambitionierten Kurswechsel inklusive der Verringerung der Abhängigkeiten durch Importe und eine größere Wettbewerbsfähigkeit. Sie wollen die Forschung und Entwicklung alternativer Materialien sowie umweltfreundlicherer Bergbau- und Produktionsmethoden vorantreiben. Es gelte, Innovationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette zu fördern, Bürokratie abzubauen sowie kleine und mittlere Unternehmen in diesem Sektor zu unterstützen.

Mit ihrer Linie unterstreichen die Volksvertreter die Bedeutung der Sicherung strategischer Partnerschaften zwischen der EU und Drittländern bei kritischen Rohstoffen, um die Versorgung der EU zu diversifizieren. Anzustreben sei dabei eine Win-Win-Situation für alle Seiten. Sie werben für langfristige Allianzen mit Wissens- und Technologietransfer, Aus- und Weiterbildung für neue Arbeitsplätze mit besseren Arbeits- und Einkommensbedingungen sowie eine Gewinnung und Verarbeitung der Materialien nach besten ökologischen Standards in den Partnerländern.

Die Abgeordneten drängen ferner auf einen stärkeren Fokus auf Forschung und Innovation in Bezug auf Ersatzmaterialien und Produktionsprozesse, die Rohstoffe in strategischen Technologien ersetzen könnten. Sie legen konkrete Ziele für die Kreislaufwirtschaft fest, um die Gewinnung strategisch wichtigerer Rohstoffe aus ausgedienten Produkten und Elektroschrott zu fördern.

Kritische Rohstoffe spielen etwa für Smartphones E-Autos und Solaranlagen eine wichtige Rolle. Die Abgeordneten bezeichnen sie als "Lebenselixier unserer modernen Gesellschaften". Sie seien für den grünen und digitalen Wandel der EU von entscheidender Bedeutung. Die Versorgungssicherheit sei wichtig "für die wirtschaftliche Widerstandsfähigkeit, die technologische Führung und die strategische Autonomie" der EU.

Seit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine und einer zunehmend aggressiven chinesischen Handels- und Industriepolitik seien vor allem Kobalt und Lithium "zu einem geopolitischen Faktor" geworden. Das Parlament zielt mit seinem Kurs vor allem auf eine stärkere Unabhängigkeit von China und Russland. Vor Kurzem erst kündigte das Reich der Mitte Exportschranken für Gallium und Germanium an – zwei seltene Metalle, die für die Herstellung von Halbleitern entscheidend sind. Dieser Schritt bereitet politischen Entscheidern in Europa Kopfschmerzen.

Auch die Bundesregierung will mit ihrer China-Strategie gegensteuern. Derzeit ist die EU auf bestimmte Rohstoffe angewiesen. Mit dem globalen Wandel hin zu erneuerbaren Energien und der Digitalisierung von Volkswirtschaften und Gesellschaften gehen Experten davon aus, dass die Nachfrage nach einigen dieser strategischen Materialien rapide steigen wird. Das Parlament verlangte daher schon 2021 in einer Resolution mit Blick vor allem auf die E-Mobilität eine eigene Versorgung der EU mit kritischen Rohstoffen. Dazu soll etwa ein Sekundärmarkt mit recycelten Ressourcen, die diese Materialien enthalten, aufgebaut werden.

Die Abgeordneten müssen nun noch einen finalen Kompromiss über das Gesetz mit dem Ministerrat und der Kommission aushandeln. Zivilgesellschaftliche Organisationen befürchten, dass die Gesetzgebung aufgrund der Eile zulasten robuster Umwelt- und Sozialschutzmaßnahmen geht. Mit der neuen ökonomischen Sicherheitsstrategie der EU soll auch die Herstellung von sensiblen Technologien wie Halbleitern, Quantencomputern, Instrumenten zum Klimaschutz und für erneuerbare Energien oder kritischen Rohstoffe durch europäische Unternehmen im Ausland strenger reguliert werden. In einzelnen Ländern wie China und Russland, die in der EU als "systemische Rivalen" gelten oder mit Sanktionen belegt sind, könnte eine Produktion per Outsourcing ganz verboten werden.

(kbe)