European Robotics Forum: Roboter erkunden den Ozean und bauen Straßen

Wie können Roboter die Erkundung des Meeresbodens verbessern? Wie lassen sich Arbeiten an Infrastrukturen automatisieren? Das waren zwei von einigen Fragen, über die in Tampere verhandelt wurde.

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European Robotics Forum: Roboter erkunden den Ozean und bauen Straßen

Tracking-Katamaran des Projekts WiMUST.

(Bild: cordis.europa.eu)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Hans-Arthur Marsiske
Inhaltsverzeichnis

Es sind die größten beweglichen Strukturen auf dem Planeten Erde: Bis zu zehn Kilometer lang und einen Kilometer breit sind die Netzwerke von Schallquellen und Hydrophonen, die von Schiffen durchs Meer gezogen werden, um den Meeresboden nach Öl- und Gasquellen zu durchsuchen. Wie dieses schwerfällige Verfahren mithilfe von Robotern verbessert werden kann, war ein Thema auf dem European Robotics Forum 2018 (ERF 2018)der Tage in Tampere (Finnland).

Dort berichtete Giovanni Indiveri (University of Salento) vom EU-Projekt WiMUST (Widely scalable Mobile Underwater Sonar Technology), bei dem die Erkundung des Meeresbodens durch das Zusammenspiel von autonomen Katamaranen auf der Wasseroberfläche, die die Schallquellen ziehen, und Unterwasserfahrzeugen für den Empfang der Sonarechos flexibler gestaltet werden soll. Die hierdurch ermöglichten schwächeren Schallquellen schonten zudem die Meereslebewesen, sagte Indiveri.

Außerdem erschließe der insgesamt geringere Aufwand neue Anwendungsfelder. So werde die im Rahmen von WiMUST entwickelte Technik gegenwärtig genutzt, um vor Norwegen Gebiete für neue Offshore-Windparks zu erkunden. Eine technische Herausforderung sei die Synchronisation der Uhren in den verschiedenen Robotern gewesen, die auf weniger als 50 Mikrosekunden genau sein müssten, erläuterte Indiveri. Diese Präzision werde von gewöhnlichen Computern nicht erreicht, weshalb ein Algorithmus für die Abstimmung der Roboter untereinander entwickelt werden soll. Zunächst einmal seien sie jedoch mit Atomuhren ausgestattet worden.

Um große Strukturen ging es auch in einem Workshop, der die Methode des Building Information Modeling (BIM) zur Automatisierung von Arbeiten an Infrastrukturen nutzen will. Baustellen von Straßen oder Eisenbahnstrecken erstreckten sich zumeist über 10 bis 100 Kilometer, sagte Rauno Heikkilä (University of Oulu). Die Arbeiten an der E 39 in Norwegen seien sogar über 1000 Kilometer verteilt. Anders als bei der Erkundung des Meeresbodens bewegen sich diese Baustellen zwar nicht, dafür gibt es in ihrem Bereich viel Bewegung, die koordiniert werden muss. Bis zu Hunderte von Maschinen seien im Einsatz und ständig werde eine Menge Material bewegt.

Die Methoden für die Planung solcher Arbeiten habe sich über die Jahre von zweidimensionalen Entwürfen auf Papier über 3D-Computermodelle zu BIM-Methoden entwickelt. Mit der aktuellen Version Inframodel4 könnten neben der Oberfläche auch unterirdische Schichten, Anforderungen der Entwässerung und andere Aspekte erfasst werden. Eine besondere Herausforderung sei die Modellierung der sich ständig verändernden Umgebung, betonte Heikkilä, der die finnischen Richtlinien "Infra BIM" als die im internationalen Vergleich am weitesten entwickelten lobte.

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Während in den Workshops über große Roboter geredet wird, sind im Ausstellungsbereich des Robotic Forums eher kleinere Exemplare der Gattung zu sehen – die zudem nicht sehr viel können. Bei diesem hier geht es …
(Bild: heise online / Hans-Arthur Marsiske)

Mit solchen Modellen soll die Kontrolle der Maschinen mehr und mehr automatisiert werden. Knapp 3000 solcher automatischen 3D-Kontrollsysteme seien in Finnland bereits im Einsatz, schilderte Heikkilä. Die Automatisierung bewege sich aber noch auf der Ebene von Assistenzsystemen zur Unterstützung des menschlichen Operators.

Die Teilnehmer des Workshops waren sich einig, dass das auf absehbare Zeit auch so bleiben werde. Die Entwicklung werde über ferngesteuerte Maschinen über automatische und autonome hin zu kooperativen gehen, die sicher mit Menschen zusammenarbeiten könnten, sagte Sami Päkkilä von der Firma Novatron. Um die Sicherheit der Menschen zu gewährleisten, sei es notwendig, dass die Maschinen ihre Intentionen deutlich erkennbar mitteilen könnten. Das wurde in der Diskussion ebenso als große Herausforderung gesehen wie die Koordinierung vieler verschiedener Maschinen unterschiedlicher Hersteller. Ob ein offenes Betriebssystem wie ROS (Robot Operating System) eine Lösung sein könnte, ist eine offene Frage.

Das Problem der Sicherheit fasste Reza Ghabcheloo (Tampere University of Technology) mit den Worten zusammen: "Auf Baustellen kann man nicht einfach die Tür schließen." Den gegenwärtigen Stand autonom agierender Baumaschinen, der im Forschungsprojekt TUT-RIM erarbeitet wurde, demonstrierte er zum Abschluss des Workshops mit einem Video (siehe unten), in dem auch die Reparatur eines beschädigten autonomen Fahrzeugs durch einen Roboterarm zu sehen ist.

(anw)