Expertenstreit im Verfahren gegen IBM wegen Krebs erregender Chemikalien
IBM soll krebserregende Chemikalien im Festplatten-Werk eingesetzt und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken verschwiegen haben.
Der Schadensersatzprozess gegen IBM wegen des Einsatzes von krebserregenden Chemikalien in der Festplattenproduktion geriet während der Zeugenanhörung erwartungsgemäß zum Expertenstreit. Die ehemaligen IBM-Angestellten Jim Moore und Alida Hernandez klagen gegen IBM, weil der Konzern krebserregende Chemikalien im Festplatten-Werk in San Jose eingesetzt und die damit verbundenen Gesundheitsrisiken verschwiegen haben soll. IBM weist die Vorwürfe zurück. Der Fall wird in der Branche mit Spannung beobachtet; bisher sind vergleichbare Verfahren in der Regel durch einen außergerichtlichen Vergleich beigelegt worden.
Die juristische Latte ist allerdings sehr hoch gelegt: Die Kläger müssen nicht nur nachweisen, dass es einen Zusammenhang zwischen ihrer Krankheit und den Chemikalien gibt, mit denen sie während ihrer Arbeit regelmäßig in Berührung gekommen sind. Schadensersatz steht ihnen nur dann zu, wenn sie auch nachweisen können, dass IBM von diesem Zusammenhang gewusst und keinerlei Maßnahmen ergriffen hat, um das Problem zu lösen.
Während der Befragung gaben die Kläger an, in den 70er und 80er Jahren mit einem Epoxidharz namens Epon gearbeitet zu haben. Rückstände dieses Kunstharzes seien standardmäßig unter anderem mit Hilfe von Aceton, Isopropylalkohol oder Trichloräthylen entfernt worden. Der Toxikologe Daniel Teitelbaum bestätigte im Zeugenstand, dass die fraglichen Chemikalien Krebs auslösen können. Audrey Misako Crouch, die als Krankenschwester bei IBM gearbeitet hatte, hatte zuvor ausgesagt, es habe "ungeschriebene Regeln" gegeben, nach denen gesundheitliche Probleme der Angestellten immer zuerst im Zusammenhang mit ihren privaten Lebensumständen diskutiert werden sollten.
Die IBM-Anwälte konterten mit dem Argument, ein Zusammenhang zwischen den Krebserkrankungen der Kläger und den Chemikalien ließe sich nicht nachweisen. Außerdem gebe es zahlreiche andere mögliche Ursachen für die Erkrankung. So sei Moore früher starker Raucher gewesen, Hernandez war übergewichtig und litt unter Diabetes.
257 ähnliche Fälle sind in Vorbereitung, drei davon sollen im März in New York vor Gericht kommen. (wst)