FIRA Robot World Cup: Robokeeper und humanoide Stolperer

Die FIRA-Wettbewerbe offenbaren, dass die humanoiden Roboter zwar oft stolpern, aber die interessantesten Entwicklungen repräsentieren. Die FIRA-WM der Fußballroboter bietet aber auch Besuchern die Möglichkeit, gegen einen Robotertorwart anzutreten.

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Von
  • Hans-Arthur Marsiske

Es geht gemächlich zu beim FIRA Robot World Cup. Wettkampfatmosphäre ist kaum zu spüren. Ab und zu findet ein Spiel statt, aber die teilnehmenden Teams bleiben für die Zuschauer anonym. Um herauszufinden, wer wann gegen wen antritt, ist schon ein gewisses Recherchetalent erforderlich. Allerdings wird dieser mühsam ermittelte Spielplan dann nicht unbedingt eingehalten.

Die Zeitschrift Korea IT Times zitiert den FIRA-Präsidenten Kim Jong-hwan mit den Worten, der Robot World Cup könne Koreas Stärke im Roboterfußball weltweit demonstrieren. Dabei spekuliert er offenbar darauf, dass Medienvertreter, die wegen der FIFA-WM ohnehin in der Nähe sind, auch mal bei den Robotern vorbeischauen. Aber dieses Kalkül funktionierte schon bei der viel größeren Konkurrenzveranstaltung RoboCup nicht. Umso mehr gilt für die kleine, nicht sehr zuschauerfreundlich gestaltete FIRA-WM: Sie verschwindet eher im Schatten der großen Fußball-WM der Menschen, statt etwas von ihrem Glanz abzubekommen.

Besucher der FIRA-WM können gegen einen Robotertorwart antreten, der allerdings nur einen Freiheitsgrad kennt. [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Die wenigen Zuschauer, die sich aus den benachbarten Hallen vom Dortmunder WM-Fanfest zu den Robotern verirren, laufen etwas ratlos zwischen den Spielfeldern umher, schauen ein paar Minuten zu, wenn sie das Glück haben, dass gerade ein Spiel läuft, und kehren dann wieder zurück zu Bier und Brezeln. Das meiste Interesse findet noch der RoboKeeper, eine vom Fraunhofer-Institut für Materialfluss und Logistik gemeinsam mit der Universität Dortmund entwickelte Installation, bei der die Besucher gegen einen Robotertorwart antreten können. Es handelt sich dabei um eine Kunststoffplatte, auf der ein lebensgroßer, menschlicher Torwart mit ausgestreckten Armen aufgedruckt ist. An den Füßen befindet sich eine Drehachse, die den Torwart wie einen Uhrzeiger schnell nach links oder rechts drehen kann. Eine Kamera erfasst den Ball, der Computer errechnet die geeignete Position, um den Ball abzufangen. Wenn die Schüsse nicht zu scharf kommen, funktioniert das ganz gut.

Der RoboKeeper hat allerdings nur einen Freiheitsgrad, eben die Drehachse. Bei den humanoiden Robotern müssen dagegen in der Regel 20 Freiheitsgrade und mehr kontrolliert werden. Entsprechend schwer tun sich die Teams, ihre Maschinen zum stabilen Laufen zu bekommen. Beim heutigen "Lift and Carry"-Wettbewerb verzichteten viele von vornherein auf eine Teilnahme, andere scheiterten gleich beim Start. Lediglich "Manus" von der National University of Singapore gelang es, das unebene Gelände zu überwinden, wenn auch in mehreren Anläufen.

Manus (hier zusammen mit seinem Chefkonstrukteur Li Yu Tan) bestand als einziger humanoider Roboter de "Lift and Carry"-Wettbewerb. [Klicken für vergrößerte Ansicht]

Der Roboter gleiche die Unebenheiten mithilfe eines Beschleunigungssensors aus, erläutert dessen Chefkonstrukteur Li Yu Tan. In den Füßen selbst habe er keine Sensoren und hebe sie bei jedem Schritt um die gleiche Höhe. Am Vormittag hatte Li Yu Tan im Rahmen der parallel zum Turnier laufenden wissenschaftlichen Konferenz beschrieben, wie er dem Roboter eine schnelle, dynamische Gangart beigebracht hat. Er sei dabei intuitiv vorgegangen und habe etwa an seinem eigenen Körper die Winkelstellungen an Hüfte, Knien und Füßen beobachtet. "Mathematisch weiß ich nicht, warum es funktioniert", gab er freimütig zu. Der dynamische Gang führe zu Schwankungen des Oberkörpers. Wenn diese einen kritischen Wert erreichten, werde die Geschwindigkeit sofort reduziert. Für den Strafstoßwettbewerb, meinte Li Yu Tan, kombiniere er dynamisches und statisches Gehen. Ersteres diene dazu, schnell zum Ball zu kommen. Für die genaue Ausrichtung und den eigentlichen Kick sei dann aber mehr Stabilität erforderlich.

Jacky Baltes von der University of Manitoba vermutet, dass es in den nächsten Jahren zu einer Synthese zwischen diesen sehr kontrollierten Gangarten und den so genannten "Passive Dynamic Walkers" kommen wird. Letztere erreichen sehr schnelle und erstaunlich natürlich wirkende Bewegungen, indem sie auf die im Skelett wirkende, inhärente Dynamik vertrauen und nicht jedes einzelne Gelenk kontrollieren. Das geht gut, solange der Roboter geradeaus laufen soll. Für Richtungs- und Geschwindigkeitsänderungen ist dann aber doch wieder erforderlich, gezielt einzelne Gelenke anzusteuern.

Manche Forscher wie etwa Oskar von Stryk von der Technischen Universität Darmstadt halten die "Passive Dynamic Walkers" allerdings für eine Sackgasse. Aber solche Kontroversen, die sich in den kommenden Jahren durch die Praxis klären werden, zeigen nur, dass die humanoiden Roboter zu den interessantesten Akteuren zählen, bei der FIRA wie beim RoboCup – auch wenn sie derzeit noch häufig stolpern. (Hans-Arthur Marsiske) /

Zum FIRA Robot World Cup siehe:

Zu den Roboterfußball-Wettbewerben und der zugehörigen Forschung:

  • Mehr als nur Fußball, RoboCup-WM wird erstmals in Deutschland ausgetragen, c't 13/06, S. 98
  • KI auf dem Fußballfeld, Praktische Forschung bei der RoboCup-Weltmeisterschaft, c't 13/06, S. 102

Zur diesjährigen RoboCup-WM und den begleitenden Veranstaltungen:

Zur RoboCup-WM 2005:

Zur RoboCup-WM 2004:

Siehe zu dem Thema Robotik auch das c't-Roboterprojekt:

(Hans-Arthur Marsiske) / (jk)