FTC-Bericht: Massenüberwachung durch Online-Plattformen ist außer Kontrolle

Die US-Handelsaufsicht moniert, dass große Social-Media- und Streaming-Portale ihre Nutzer in großem Umfang ausspionieren und dabei auf den Datenschutz pfeifen.

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Menschen, die auf einer Straße gehen. Ansicht von der Seite. Einer wird getrackt.

Überwachung im großen Stil: Die Datenverarbeitung durch Big-Tech-Konzerne gerät außer Kontrolle, warnt die FTC.

(Bild: Gorodenkoff/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Die weltweit größten Internet-Plattformen haben ein riesiges Überwachungsnetzwerk aufgebaut, um die persönlichen Daten ihrer Nutzer insbesondere mit gezielter Werbung zu Geld zu machen. Dabei schützen sie die Privatsphäre der Verbraucher – insbesondere von Kindern und Jugendlichen – bei Weitem nicht ausreichend. Zu diesem Schluss ist die Federal Trade Commission (FTC) nach einer vierjährigen Untersuchung der einschlägigen Praktiken von Amazon nebst Tochter Twitch, Meta mit Facebook und WhatsApp, YouTube von Google, Twitter (X), Snap, der chinesischen TikTok-Mutter ByteDance, Discord und Reddit gekommen. Der ausgemachte Überwachungskapitalismus bedrohe die Grundfreiheiten der Bürger, warnt die FTC-Vorsitzende Lina Khan. Er setze sie "einer Reihe von Gefahren aus", die von Identitätsdiebstahl bis zu Stalking reichten.

Die US-Handelsaufsicht dokumentiert in dem jetzt vorgelegten, einstimmig angenommenen Bericht, dass die großen Social-Media- und Streaming-Portale "Unmengen an Daten" einschließlich Informationen undurchsichtiger Marktplätze und Auskunfteien über User und Nichtnutzer ihrer Plattformen sammeln. Sie hebt hervor, dass viele der einbezogenen Konzerne einen "umfassenden Datenaustausch" betreiben, der "ernsthafte Bedenken hinsichtlich der Angemessenheit der Kontrollen und Aufsicht" aufwerfe. Teils könnten die Unternehmen selbst nicht sagen, mit wem sie alles persönliche Informationen teilten. Insbesondere konstatiert die FTC, dass die Praktiken der Betreiber zur Datenerfassung, -minimierung und -aufbewahrung "völlig unzureichend" seien. Einige löschten selbst auf Anträge von Nutzern hin nicht alle deren Daten.

Die Geschäftsmodelle vieler der analysierten Unternehmen förderten "die Massenerfassung von Nutzerdaten", heißt es weiter. Einige setzten "datenschutzverletzende Tracking-Technologien" wie Cookies oder spezielle Pixel ein, um den Usern Reklame auf Basis ihrer Vorlieben und Interessen zu servieren. Die Plattformen speisten im großen Stil persönliche Daten von Nutzern sowie deren Kontaktpersonen in ihre automatisierten Systeme ein und verwendeten Algorithmen und Künstliche Intelligenz (KI) für Big-Data-Analysen. Die Betroffenen hätten oft gar keine Möglichkeit, dem zu widersprechen. Es gebe nur "unterschiedliche, inkonsistente und unzureichende Ansätze zur Überwachung und Prüfung der Nutzung" solcher Techniken.

Die Social-Media- und Streamingdienste behandeln Kinder und Jugendliche häufig genauso wie erwachsene User, lautet eine weitere Erkenntnis. Die meisten gestatteten diesen Altersgruppen die Nutzung ihrer Plattformen ohne Kontobeschränkungen. Die Verfasser verweisen auch auf potenzielle Wettbewerbsprobleme: Unternehmen, die große Mengen an Nutzerdaten anhäufen, könnten eine marktbeherrschende Stellung erlangen und auf weitere schädliche Geschäftspraktiken verfallen.

Die FTC fordert den Kongress daher auf, "umfassende Datenschutzgesetze" zu verabschieden und grundlegende Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Die Konzerne sollten die Datenspeicherung und -weitergabe begrenzen, personalisierte Werbung einschränken und den Jugendschutz stärken. Laut der US-Bürgerrechtsorganisation Electronic Frontier Foundation (EFF) unterstreicht der Bericht ein grundsätzliches Problem: "Bei diesen Datenschutzverletzungen handelt es sich nicht um gelegentliche Fehltritte." Vielmehr seien diese "ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells der verhaltensbasierten Online-Werbung".

(nen)