Fernwärmebranche: Verdreifachung der Wärmenetzanschlüsse bis 2050 möglich
Die Fernwärmebranche begrüßt das bisher geplante Gebäudeenergiegesetz, wünscht sich aber auch ein paar Anpassungen: Mehr Förderungen und sachtere Fristen.
Im Zuge der laufenden Verhandlungen zum Gebäudeenergiegesetz (GEG) wird auch immer wieder Fernwärme als Alternative für einen Heizungstausch genannt. Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) begrüßt die damit einhergehende mediale Aufmerksamkeit und erklärte nun der dpa zufolge, dass eine Verdreifachung der Anzahl der Haushalte mit Wärmenetzanschluss bis 2050 möglich sei. Zu strenge Vorgaben für den Umstieg auf erneuerbare Energien lehnt aber auch dieser Verband ab – denn auch Fernwärme kann aus fossilen Energieträgern stammen. Was bedeutet: auch Kraftwerke für Fernwärme müssen die Energiewende vollziehen.
"Politik jetzt ein Stück weit aufgewacht"
Der stellvertretende Geschäftsführer des AGFW, John Miller, äußerte sich laut dpa positiv über den Stellenwert, der den Wärmenetzen in den geplanten Gesetzen zur Gebäudeenergie und zur kommunalen Wärmeplanung eingeräumt werde. "Wir sind froh, dass die Politik jetzt ein Stück weit aufgewacht ist und den Fokus auf Fernwärmenetze gelegt hat."
Derzeit würden rund 6 Millionen der 43 Millionen Wohnungen mit Fernwärme beheizt. Perspektivisch wolle man auf 18 bis 20 Millionen kommen, vor allem in Mehrfamilienhäusern in den Städten und dicht besiedelten Gebieten. "Fernwärme ist der Schlüssel für das Thema klimaneutrale Städte in Deutschland. Jetzt ist genau der richtige Zeitpunkt, da die Weichen zu stellen."
Dementsprechend wünscht sich Miller für seine Branche auch Planungssicherheit und geeignete Förderbedingungen für die ausführenden Unternehmen – etwa mehr Mittel für das Programm "Bundesförderung für effiziente Wärmenetze" (BEW).
Längere Übergangsfristen gewünscht
Die Zeitpläne für den Umstieg und Anschluss von mehr erneuerbaren Energien kritisiert der Verband allerdings. Momentan sei vorgesehen, dass bestehende Wärmenetze bis 2030 auf mindestens 50 Prozent erneuerbare Wärme oder Abwärme umgestellt werden müssen. "Dies pauschal für alle Wärmenetze zeitlich festzulegen, halten wir für keine gute Idee", erklärte Miller. Die Übergangsfristen sollten verlängert werden.
Für den Umstieg auf erneuerbare Energien auch bei den Wärmenetzen sieht Miller viele Möglichkeiten. Als Beispiele nannte er Großwärmepumpen, Geothermie, Solarthermie, Biomasse oder Abwärme aus Industrie oder Rechenzentren. Dies könnte bis 2045 die Klimaneutralität der Wärmenetze ermöglichen. Auch verwies er darauf, welch große Wirkung die Dekarbonisierung von Wärmenetzen nach sich zöge. Würde etwa ein mit Kohle befeuertes Heizkraftwerk dann mit klimaneutralen Brennstoffen betrieben oder durch klimaneutrale Technologien ersetzt, hätten mit einem Mal Tausende Wohneinheiten den Brennstoff gewechselt.
Die zum Teil geplante Umrüstung von Kohlekraftwerken auf die Verbrennung von Holzschnitzeln und -pellets erhält allerdings mittlerweile Gegenwind. Umweltverbände wie der WWF oder der NABU warnen vor dem zunehmenden Raubbau an Wäldern für Heizzwecke und auch den gesundheitlichen Folgen der Holzverbrennung – auch durch Einzelfeuerungsanlagen in Wohngebieten. Nach Kritik am GEG innerhalb der Ampel-Koalition will das Bundeswirtschaftsministerium unter Leitung von Robert Habeck (Grüne) aber etwa genau bei der Holzverbrennung zu Heizzwecken wieder mehr Freiheiten zulassen.
Bisher stamme die Energie in Fernwärmenetzen zu rund 70 Prozent aus fossilen Energieträgern, so der AGFW. Die übrigen 30 Prozent entfallen auf Wärme aus der Verbrennung von Abfall oder Biomasse (Holzhackschnitzel) sowie aus Geothermie und anderen erneuerbaren Quellen.
Der AGFW
In Deutschland gibt es nach AGFW-Angaben rund 3800 Fernwärmenetze, die von rund 500 Unternehmen betrieben werden. Rund 640 Unternehmen sind Mitglied der AGFW, darunter die meisten Fernwärmeanbieter.
(kbe)