Fernwärmegipfel: Die Hoffnung auf den verbindlichen Ausbau

Ein Fernwärmeanschluss könnte das Kopfzerbrechen über den Heizungstausch verhindern. Die Fernwärmebranche wünscht sich aber mehr Erleichterungen und Sicherheit.

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(Bild: Dragana Gordic/ Shutterstock.com)

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Der Ausbau der Fernwärmenetze in Deutschland könnte einige Gebäudeeigentümer von der Pflicht befreien, zukünftig eine Heizung einzubauen, welche die 65-Prozent-Vorgabe erfüllt. Das ist an sich nichts Neues, allerdings geht mit dem heute geplanten Treffen von Bauministerin Klara Geywitz (SPD) und Robert Habeck (Grüne) mit Vertretern aus Kommunen und der Fernwärmebranche die Hoffnung einher, dass bisherige Rahmenbedingungen für die Fernwärmenetze noch so verändert werden, dass mehr Menschen mit dem Ausbau der Fernwärme vor ihrer Haustür rechnen können.

Wie die Augsburger Allgemeine berichtet, gehe aus einer Beschlussvorlage für den Fernwärmegipfel an diesem Montag hervor, dass an Fernwärme interessierte Gebäudeeigentümer "von der Pflicht zum Einbau einer die 65-Prozent-Vorgabe für erneuerbare Energien erfüllenden Heizung befreit werden", wenn ein Wärmenetzbetreiber einen solchen Ausbau verbindlich verfolgt. Von dem Fernwärmegipfel solle ein "deutliches Aufbruchssignal" für den klimaneutralen Um- und Ausbau der Fernwärmeversorgung gesendet werden, hieß es vorab.

Vorab haben aber auch Fernwärmenetzbetreiber und der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) schon kräftig die Werbetrommel für Fernwärme gerührt und auch klare Verbesserungen für ihr Geschäftsfeld gefordert: Der VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing forderte etwa eine Anschlusspflicht an das Fernwärmenetz und einen gleichzeitigen Förderstopp für andere Heizungsarten, wenn ein Unternehmen in bestimmten Straßenzügen die Fernwärme ausbauen will. Solche Regelungen würde die Planungssicherheit für kommunale Unternehmen massiv verbessern und auch die finanziellen Risiken minimieren.

Der Energieeffizienzverband für Wärme, Kälte und KWK (AGFW) ließ vor dem Gipfel ebenfalls die Muskeln spielen und erklärte, dass eine Verdreifachung der Anzahl der Haushalte mit Wärmenetzanschluss bis 2050 möglich sei – wenn denn die Vorgaben und Förderungen passen. Das sieht der VKU ebenso. Als zu streng erachtet der stellvertretende Geschäftsführer des AGFW, John Miller, etwa die derzeitigen Vorgaben zur Dekarbonisierung der Wärmenetze, denn auch die Fernwärme ist noch längst nicht klimaneutral. Hier wünsche man sich längere Übergangsfristen.

Liebing vom VKU legte nun vor dem Gipfel gegenüber der dpa noch einmal nach: "Es ist gut, dass die Bundesregierung erklärt, wir wollen die Fernwärme voranbringen. Aber dann müssen auch Hürden beseitigt werden. Ich erwarte vom Fernwärmegipfel einen wesentlichen Impuls und konkrete Vorschläge." Er fordert unter anderem eine längere, milliardenschwere staatliche Förderung. Bisher seien bis 2026 insgesamt drei Milliarden Euro im Topf für "effiziente Wärmenetze", "diese drei Milliarden Euro brauchen wir aber bis in die Mitte der 30er Jahre jährlich an staatlicher Förderung." Hinsichtlich des gerne genutzten Schlagwortes in der Heizdebatte – Wärmepumpe – erklärte er: "Sie wird, das wissen auch alle, bei realistischer Betrachtung nur eine Lösung sein."

Laut den Reformplänen der Bundesregierung für das Gebäudeenergiegesetz sowie der kommunalen Wärmeplanung, sollen Länder und Kommunen in den kommenden Jahren konkrete Pläne vorlegen, wie sie ihre Heizinfrastruktur klimaneutral umbauen wollen. Dies soll Bürgern eine wichtige Orientierung geben, indem sie erfahren, ob ihr Haus bald an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen wird – oder sie ihre Heizung absehbar auf eine Wärmepumpe oder etwa Hybridlösungen umrüsten sollten.

Dementsprechend erklärte Liebing: "Es muss eine Verzahnung des Gebäudeenergiegesetzes mit der kommunalen Wärmeplanung geben." Die Versorger und die Kommunen müssten vor Ort Klarheit für die Kunden und für die Netzbetreiber schaffen. "Wo sehen sie Potenzial für Fernwärme, wo weniger? Wo geht es eher über elektrische Lösungen? Oder wo geht es vielleicht auch durch die Umstellung von Gas- auf Wasserstoffnetz? Das ist für uns der wesentliche Ausgangspunkt, dass wir jetzt zügig mit den Wärmeplänen vorankommen."

Gerd Landsberg, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes, sprach sich laut der Rheinischen Post vor dem Fernwärmegipfel ebenfalls für eine Anschlusspflicht für eine bessere Planbarkeit der Fernwärmenetze aus. Gegenüber der dpa erklärte der Vize-Hauptgeschäftsführer der Deutschen Industrie- und Handelskammer, Achim Dercks: "Viele Betriebe sehen in der Fernwärme eine Chance für die klimafreundliche Versorgung ihrer Gebäude oder ganzer Gewerbegebiete." Darum sei es richtig, den Aus- und Umbau der leitungsgebundenen Wärmeversorgung stärker in den Fokus zu nehmen. "Wie uns die Rückmeldungen aus den Unternehmen vor Ort zeigen, hängt die Akzeptanz dafür aber an wichtigen Voraussetzungen: Im Zentrum stehen dabei wettbewerbsfähige und langfristig kalkulierbare Preise."

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) hatte die engere Verzahnung des GEG mit der kommunalen Wärmeplanung schon Ende Mai gefordert und schätzt manche Umsetzungsfristen auch als sehr ambitioniert ein. So erklärte Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung: "Wir brauchen ein Gesamtkonzept für die Wärmewende. So sollten die Übergangsfristen des GEG an die Wärmeplanung angepasst werden – zum Beispiel durch eine Verlängerung der 3 Jahre auf 5 Jahre. Denn erst, wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt, weiß der Hauseigentümer, welche Option für ihn sinnvoll ist. Das vermeidet Fehlinvestitionen."

Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale-Bundesverbandes (vzbv), erklärte gegenüber Zeitungen der Funke Mediengruppe: Wärmenetze seien ein Markt, "wo die Anbieter praktisch unregulierte Monopole haben." Deshalb seien dringend bessere Rahmenbedingungen für Verbraucherinnen und Verbraucher notwendig. Aber auch sie unterstrich: "Fernwärme kann ein wichtiger Baustein für die Dekarbonisierung der Wärmeversorgung sein".

Dass die Dekarbonisierung des Wärmesektors auch auf EU-Ebene weiter vorangetrieben wird, zeigt ein aktueller Entwurf für eine Gesetzesnovelle: Die EU-Kommission will die seit zehn Jahren geltenden Durchführungsbestimmungen für Heizgeräte aktualisieren, die in den Ökodesign-Rechtsvorschriften verankert sind. Neu eingebaute Heizungsanlagen sollen demnach von 2029 an mindestens 115 Prozent Wirkungsgrad haben.

(kbe)