Finanzstaatssekretär Spahn: "Die Blockchain wird massiv die Welt verändern"

Seite 2: Dezentrale Datenstrukturen

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Ähnlich wie Spahn befürchtet Shermin Voshmgir, Gründerin der Berliner Denkfabrik BlockchainHubs, dass rund um Bitcoin und Co. die Blase ähnlich wie in der ersten Generation Internet in den 90ern bald platzen könnte. Das heutige Netz ist für sie aber eh "kaputt", da sich die großen Plattformbetreiber "unsere Daten" unter den Nagel gerissen hätten. Es sei also Zeit für "die nächste Generation Internet" mit direkten Monetarisierungskanälen und dezentralen Datenstrukturen, wobei die Blockchain und Bitcoin auch nach dem Hype die entscheidende Rolle spielen könnten.

Virtuelle Kryptomünzen sind für die Beraterin weniger Teil einer Schattenwirtschaft als vielmehr eine "völlig neue Art der Ökonomie" in Form einer "Währung eines verteilten Computernetzwerks" für einzelne "Internet-Stämme". Als bevorzugtes Bezahlmittel eines kriminellen digitalen Untergrunds tauge Bitcoin auch kaum mehr, da sich Käufer in der Regel mittlerweile "nach einem komplizierten Verfahren identifizieren" müssten und alle Transaktionen schon immer prinzipiell zurückverfolgt werden könnten.

Staatlichen Instanzen warf die Österreicherin einerseits vor, durch eine zu strenge Aufsicht über die Kontrollbehörde Bafin innovative Entwicklungen wie den ersten kommerziellen Bitcoin-Automaten hierzulande in Kreuzberg gestoppt zu haben. Andererseits bezeichnete sie eine stärkere Regulierung des Sektors als wichtig, um Gründern gerade in der Krypto-Coin-Metropole Berlin mehr Rechtssicherheit zu geben. Diese müssten derzeit oft nach Zug in die Schweiz oder Delaware in die USA gehen, um ihre Firmen aufzusetzen. Dies liege daran, dass hierzulande schon der Status von "Tokens", die bei der Trend-Crowdfunding-Methode "Initial Coin Offering" (ICO) ausgegeben werden, unklar sei.

Die Wirtschaftsinformatikerin plädierte daher für "regulatorische Sandboxes", in denen Startups in einem abgestecktem Raum konkrete Blockchain-Projekte rechtssicher mit größtmöglicher Transparenz umsetzen könnten. Genauso wichtig ist es laut Voshmgir, den "extremen Fachkräftemangel" im IT-Bereich zu beseitigen und endlich Programmieren an der Schule zu unterrichten sowie schon im Kindergarten mit "Hello World" zu beginnen.

Was gesetzliche Regeln für Bitcoin und die Blockchain angeht, wandte sich Spahn gegen vorschnelle Aktivitäten: "Wir sind noch in der Lern- und Suchphase." Die Idee mit staatlichen Vorgaben für Experimentierräume in "Sandkästen" könne aber Sinn machen, wenn die Politik etwa zusammen mit der Aufsicht beim Kundenschutz "für zwei bis fünf Jahre" rechtsverbindliche Vereinbarungen mit innovativen Firmen treffe. Ginge es nach ihm, sollten Schulen ferner "Coden wie andere Sprachen anbieten". Ein derzeitiges Hindernis sei aber, dass es hierzulande "mehr Gender-Lehrstühle" gebe als technisch angehauchte. (kbe)